noch mehr fisch & kulinarisch: woche 44

der fisch lässt mich nicht los:

flusswels.jpg

4 produzenten – 4 fische – 4 gänge

am mittwoch wurde der living planet report 2008 vom wwf weltweit präsentiert. gleichzeitig kam meine mutter für ein paar stunden nach wien. das hat nichts miteinander zu tun, aber erstens geht meine mama sehr gerne sehr gut essen und zweitens ist mir nach diesem report die lust auf lebensmittel unbekannter herkunft (und ebensolcher qualität) vergangen. damit scheiden schätzungsweise 5.950 der etwa 6.000 wiener lokale als adäquate abendverköstigungsstätten aus. ich schlug vor, ins restaurant kurz zu gehen, weil wirt andreas kurz grössten wert auf heimische produkte von ihm bekannten lieferanten (und wohl auch lieferantinnen) legt. als wir dort ankommen, steht eine art „fisch-match“ auf der karte. sonst gibt’s an dem abend nix. ein tisch ist noch frei und als ich auf der karte lese, dass einer der fische vom gut dornau stammt (bei dem ich am sonntag war, um über das karpfen abfischen zu recherchieren – und mir dabei ein schmerzhaftes wirbelsäulenproblem eingefangen habe) und ein zweiter der alpenlachs ist (von dem ich vor zehn tagen geschwärmt habe), beginne ich gefallen an der idee zu finden. es gab dann vier fischgänge mit jeweils vier heimischen fischen (ausser alpenlachs und huchen noch reinanke und wildsaibling – also alle vier salmoniden!), die für den jeweiligen gang exakt gleich zubereitet wurden:

vier_fische.jpg

die tücke liegt natürlich im detail. während beim roh marinierten (auf gurkencarpaccio) der alpenlachs siegt, schmeckt mir beim gebeizten (mit fenchelkraut) der wildsaibling am besten. pochiert (auf erdäpfel-kohlrabi-risotto) finde ich den huchen am interessantesten, während gebraten (auf pastinakenravioli) die reinanke gewinnt. ich fand zwar beide warmen gänge übergart, aber die idee trotzdem grossartig. bitte mehr davon und öfter und in vielen anderen lokalen – gerne auch mit bewertungsbogen wie am mittwoch im kurz, fand ich lustig.

sushi ohne hemmungen

zwei tage später dann, nach einer rosskur für meine armen wirbelein, zieht’s mich schon wieder zum fisch. zur belohnung für überstandene akupunkturleiden muss ich beim en nahe der börse (eine meiner drei liebsten sushi-adressen wiens) das sushi-set essen. es schmeckt – wie immer – hervorragend. und beim letzten bissen lachs fällt mir ein, dass ich bei asiatischen (und anderen ethno-) lokalen meine ganzen nachhaltigkeits-, überfischungs- und herkunfts-hemmungen über bord werfe, als würden die für thailändische, chinesische, indische oder eben japanische gerichte nicht gelten. dabei habe ich erst vor gut einer woche von sustainable sushi gelesen und mir noch gedacht: genau! inkonsequenz kann und darf man nicht mit einem schmerzenden rückgrat rechtfertigen. als nachspeise habe ich dann eh avocadomaki gegessen.

ein bissen russen

keine sorge, jetzt lernen sie/lernt ihr keine verborgene rassistische seite von mir kennen, sondern die kurze geschichte, wie eine kindheitserinnerung in würgreflex auslösendes entsetzen umschlagen kann (damit bin ich in guter gesellschaft). am samstag hatten wir nach einer ähnlichen verkostung wie vor zwei wochen vorgesorgt und ein glas russen eingekauft. die mochte ich als kind und auch als jugendliche noch. kräftig schmeckender fisch und sauer ist überhaupt super. als ich von einem russen (das sind gestreckte, also ungefüllte rollmöpse, sprich sehr sauer marinierte heringe mit zwiebeln dazwischen, in deutschland bismarckheringe) ein stück abschneide und davon ein viertel abbeisse, wird mir fast schlecht: etwas so extrem nach konservierungsmitteln – chemisch – schmeckendes und dabei unangenehm fischelndes ist mir noch nie in den mund gekommen. ich glaube ein paar sekunden lang, dass ich sicher bald, auf jeden fall am selben abend an einer gigantischen lebensmittelvergiftung von einem bissen russen sterben werde müssen. ein freund will mich offenbar begleiten und probiert von meinem angeschnittenen russen ein stück. seine letzten worte: „die sind in ordnung, die schmecken immer so.“

6 Gedanken zu „noch mehr fisch & kulinarisch: woche 44“

  1. wie ich sehr hoffe waren es doch nicht die letzten worte des freundes!

    ich hätte ja nach einer keks- und kuchen-session für speckbrot plädiert.
    erstens sind ja beste specklieferanten bekannt und
    zweitens hab ich noch nie von einer speckvergiftung gehört!

    entschuldigung für die unkenntnis: was ist denn das für ein nettes
    fischlein auf dem ersten foto?

  2. das ist ein (noch viel zu junger) flusswels vom gut dornau, liebe teeodora, und die werdet ihr in den nächsten zwei wochen eher nicht bekommen. dafür bestimmt viele andere (meeres)fische! ausserdem habe ich gerade den fehler gemacht, kurz über die küche sri lankas nachzulesen. jetzt bin ich schon ein bisserl neidisch… das klingt ja fast so spannend wie thailändische küche! alleine das sträusserl aus zitronengras, pandanusblättern und curryblättern klingt wie ein allheilmittel für fade saucen… und dass zu den curries statt reis oft roti (wie in südthailand) serviert wird, finde ich überhaupt super. da muss ich wohl auch mal hin.

    natürlich waren es nur seine letzten worte in dieser angelegenheit…

    speck ist grundsätzlich gut, war aber leider aus.

  3. In Venetien, glaube ich zumindest, soll es so eine Aktion geben, dass sich die Restaurateure verpflichten, nur Produkte aus 30km Entfernung zu benutzen.
    Ich finde das sehr, back to the roots!

    Habe mich immer gefragt, wieso es bei einem Sterneladen mitten in der Auvergne ausgerechnet Hummer haben muss, der lebt da ja kaum in den Bächen, Flusskrebse wären besser…Man sollte solche Initiativen belohnen!

  4. geschmäcker von früher muss man manchmal haben, vieles war so schön grauslich!
    und die heftigkeit des ordinären russen ist durch nix zu ersetzen, wenn es gegen die süße am gaumen geht, auch wenn sie noch so hochwertiger provenienz ist,guter speck hat zu viel eigenleben für solche zwecke.

    im alltag ist das xunde aber vorzuziehen, und nähe und saison sind mindestens so wichtige argumente wie zeitgeistige etiketten (bio&co),
    finde ich;)
    uli

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