frau reinanke-müllerin

elitäres gehabe kann ich nicht leiden, schon gar nicht beim essen. möglichst viele menschen sollten möglichst einfach zugang zu besten lebensmitteln haben. und, nein, diese besten lebensmittel sollten nicht so billig wie möglich sein. sondern einen reellen (neues lieblingswort meiner mama, aber vermutlich hat sie damit genauso recht wie meine oma, die schon vor jahrzehnten von nachhaltigkeit gesprochen hat) preis haben. reell im sinne des dudens meint: anständig, ehrlich. so wie diese reinanken aus dem kärntner millstätter see, die es seit kurzem bei merkur gibt:

reinanken aufsicht

was daran so besonders ist? es handelt sich um wilden fisch, mit dem netz gefangen, keine importware, kein zuchtfisch, keine bedenklichen medikamentenrückstände oder pestizide (die gibt’s auch in der teichwirtschaft), keine probleme, ausser vielleicht ein kleines ideologisches: die reinanken der marke „wilder fisch“ kommen von der kärntner unternehmensgruppe soravia und nicht direkt von kleinen fischereien, wie wir das in unserer vorstellung gerne hätten. die soravias haben übrigens auch 80 prozent von peter brauchls unternehmen bzw. marke alpenlachs übernommen und ich vermute, sie haben mit ihrem fisch-engagement einen ziemlich guten riecher. fisch ist, wenn er aus heimischem wildfang kommt und im idealfall auch noch von plankton lebt, von der ökobilanz her wesentlich besser als fleisch. bisher gab’s halt – angeblich – zu wenig davon. ich habe eher den eindruck, er war im handel kaum zu finden. das kann logistik-, aber natürlich auch preisgründe haben. deshalb finde ich eine initiative, wie sie merkur jetzt setzt, nämlich schwerpunkt heimischer fisch bester qualität (merkur arbeitet ja auch im grossen stil mit dem qualitativ unbestritten besten fischhändler österreichs, nämlich eishken estate, zusammen), grossartig. klar will rewe damit auch das grosse thema nachhaltigkeit besetzen und daran verdienen. so what?

reinanken auge

diese reinanken gibt es in fast allen merkur-filialen freitags und samstags (pdf), in einigen die ganze woche über. sie haben heute 2,99 euro/100 gramm gekostet. unsere zwei stattlichen exemplare haben gut 60 dag auf die waage gebracht, sprich etwa 18 euro gekostet. wer das teuer findet, möge sich die viecher holen und so wie wir heute mittag braten. da würde ich gerne den freitag wieder als fischtag einführen, allerdings mehr aus kulinarischen denn aus religiösen gründen.

reinanken (felchen, renken) sind praktischerweise grätenarm und schmecken für mich forellenähnlich, jedenfalls sehr aromatisch und so, wie ich mir frischen, heimischen fisch vorstelle (bis auf zander, mit dem werde ich nicht warm). und ich mochte sie schon als kind, wann immer ich ihrer auf einer speisekarte angesichtig wurde.

reinanken teller

vom sackl-auf-die-budel-stellen bis zu diesem foto ist ziemlich genau eine halbe stunde vergangen.

keine angst vor ganzen fischen! das wichtigste ist eine beschichtete pfanne und gutes timing.

für obiges gericht für zwei personen, nämlich frau reinanke-müllerin mit petersilerdäpfeln und grünem salat, nehme man:

2 reinanken, so frisch und gut wie nur möglich
butterschmalz, wenn’s leicht geht, dann selbstgemachtes
butter
zitronen

speckige erdäpfel, menge nach lust und laune
frische glatte petersilie

häuptelsalat o. a. blattsalate
fruchtig-milden essig (der rotweinessig vom michlits (gibt’s in bioläden oder z. b. bei www.vielfalt.com) ist eine wucht, kombiniert mit ein bissl apfelessig ideal)
nicht zu intensiv schmeckendes salatöl wie z. b. sonnenblumen, raps, traubenkern
ein tropferl süsses (bei uns ist’s der völlig altmodische apfeldicksaft friate)
salz, pfeffer aus der mühle

zubereitung

1. die erdäpfel waschen und mit der schale kalt zustellen, kochen, bis sie kernig sind, abgiessen, mit einem blatt küchenrolle unter den deckel geklemmt ausdämpfen lassen.

2. währenddessen die reinanken waschen, das baucherl besonders gründlich, auf küchenrolle abtropfen lassen bzw. damit abtupfen.

3. reinanken grosszügig innen und aussen salzen, in mehl wenden.

4. butterschmalz in einer beschichteten pfanne auf mittlerer hitze heiss werden lassen. die reinanken an der schwanzflosse packen, gut abschütteln und ins heisse fett geben:

reinanken pfanne hell

es macht nix, wenn die pfanne ein bisserl zu klein ist, einfach die schwanzflossen rausstehen lassen:

reinanken schwanzflosse

auf einer seite ca. 5-7 minuten braten lassen (mittlere hitze reicht), bis sie schön braun sind, etwa so:

reinanken pfanne braun

5. dann wenden und auf der zweiten seite ebenso verfahren.

6. in der zwischenzeit salat waschen, trockenschleudern, dressing in einem extraschüsserl gut mit einem spiralbesen verrühren. salat marinieren und auf extra-tellern verteilen.

7. wenn die erdäpfel ein paar minuten ausgedämpft sind, schälen, in den gleichen topf zurückwerfen und mit einem löfferl butter und gehackter petersilie schwenken, salzen und etwas anlegen lassen, bis sie ein brantscherl bekommen. unsere speckigen waren diesmal ein mist, scheinen schon heurige zu sein, die kann man vergessen.

8. reinanken auf teller bugsieren, je nach schmalzmenge in der pfanne mit frischer butter ergänzen und mit frisch gepresstem zitronensaft gut verschwenken und kurz aufkochen lassen, auf den fisch leeren, petersilkartoffeln dazu.

9. grätenteller nicht vergessen…

10. …und ein glaserl weisswein dazu, z. b. den hier von tscheppe:

muskateller tscheppe

ps: mit dem fischmesser den rücken entlang fahren und die obere fischseite richtung bauch ablegen oder runteressen, dann die gräte von der schwanzflosse her abziehen. das geht problemlos und schaut etwa so aus:

reinanken graete

pps: nicht auf die backerl vergessen, die sitzen gleich hinter den augen und schmecken ganz besonders gut!

25 Gedanken zu „frau reinanke-müllerin“

  1. stimmt, reinanken sind toll. haben vor ein paar wochen erst frische am attersee gekauft – ein traum von einem leichten urlaubsabendessen…

    ich freu mich ja immer wieder, „ganzer-fisch-gleichgesinnte“ zu finden – kommt nur mir das so vor oder sind die in österreich leider nach wie vor eine minderheit?

  2. leicht hängt immer von der buttermenge ab, aiiiia
    die sind garantiert eine minderheit in österreich, die ganzer-fisch-gleichgesinnten (was für eine konstruktion!), weil: 1. könnd ma ja daschdiggn aun so ana gradn, 2. issa ned baniad und 3. schmeckd dea a no noch fisch! wo kommen wir denn da hin, wenn das einreissen würde! so bleibt uns ganzer-fisch-gleichgesinnten immer einer übrig. ich habe allerdings heute beim merkur-fischstandl in der mariahilfer strasse so von meinem geplanten mittagessen geschwärmt, dass ein herr hinter mir gleich vier reinanken gekauft hat und eine dame von links verschwörerisch fragte: „schmeckt der gut, der fisch? wissen’s, ich kenne nur forellen, aber wenn die reinanken gut sind, dann probier‘ ich die auch.“ und dabei habe ich nur ein bisschen „mmmhhh“ und so ähnliche töne gemacht.

  3. hab fast alles verstanden, die Botschaft und den Text, nur was ist ein „brantscherl“ ? Interessant sind die vielen Unterarten, die es von diesem Fisch gibt, hier bei uns etwa: Blaufelchen, Sandfelchen, Gangfisch.

  4. Ich habe bereits von Berlin aus meine Angel Richtung Wien ausgeworfen. Bislang noch keine Bewegung der Schnur, geschweige denn eine Reinanke am Haken ;-(
    Die Silberlinge sind so appetitlich photographiert, und das Rezept so simpel. Mal sehen, was gleich bei meinem Marktgang in der Kühltasche landet.

  5. Obwohl ich gerne koche und in der Küche experimentiere, trau‘ ich mich über ganzen Fisch nicht recht drüber. Aber Deine Anleitung macht mir Mut – da sind ein paar „Eckdaten“ dabei, mit denen ich mich nun doch mal drüber trau. Außerdem läuft mir das Wasser schon beim Lesen im Mund zusammen. Ich glaube, das kann ich meinen Blog-Lesern nicht vorenthalten. Auch wenn der Freitags-Fischtag schon vorbei ist, werde ich Deinen Beitrag mal als Wochenend-Tipp weitergeben :-)

    Liebe kulinarische Grüße aus Salzburg :-)

  6. Petri Dank, Katha. Fischtechnisch war der markt frustrierend. Aber da ich früh dran war, habe ich die Bestände „meiner“ Tomatenfrau geplündert. Sie züchtet seit Jahren alte Sorten, lehnt jedwede Hybride ab und kümmert sich auch noch um historische Salate. Da sie weiß, daß ich gerne koche, gibt sie mir immer Unmengen „Saucentomaten“ für kleines Geld ab. Der hiesige akademische Mittelbau ist schnell „igittisiert“ und mag keine Tomaten, die zu weich sind oder „wachstumsgestört“ aussehen. So werde ich heute trotz Affenhitze einen Sugo köcheln. Zu essen gibt es einen Riesensalat aus „Historie“, Wildkräutern und sieben verschiedenen Tomaten. Die Carnivoren bekommen noch ein paar Scheibchen aus frischer, kurz angebratener Chorizo dazu.
    Aber ich werde weiter die „beautiful Reinankes“ vor Augen haben und meine Lefzen triefen lassen… ;-O)

  7. statt brantscherl kann man auch prinzen sagen,vornehmlich wenn man länger in tirol war!!!stellt euch vor wir hatten gestern auch die merkur-fisch-idee. nur haben wir keine reinanken erstanden sondern ein stück wels. ein ganzer wäre wahrscheinlich zu groß gewesen!(erinnert ihr euch noch an das riesenexemplar in der alten donau?
    leider habe ich mein fischerl nicht fotografiert-schade-sonst hätte auch ich euch den mund wässrig machen können obwohl er ganz einfach zubereitet war. mit zitrone einreiben,wenig salzen, bemehlen und in butter ölgemisch goldbraun braten. schmeckt göttlich mit petersilkartofferln ( von meinem bauern habe ich ganz wunderbare speckige heurige bekommen ) und dazu eine kalte dillensauce. die kartofferln hatten keine prinzen-zum fisch habe ich sie so lieber. das nächste mal werden wir es mit den reinanken versuchen.wir freuen uns schon darauf….

  8. wunderbar rezeptive essanleitung – macht den mund wässrig!
    fahr gleich ins naherholungsgebiet [zum summter see in den summter storch] auf a forelle blau..

  9. ich muss noch schnell gestehen, ich hatte den dickeren fisch, den oberen vom ersten foto. ist mir erst nachträglich anhand der fotos aufgefallen. dabei ist der web- und sängermeister doch so viel grösser (und weniger umfangreich) als ich…

    freut mich, dass sich hier die neigungsgruppe ganzer fisch zu versammeln scheint! grüsse nach salzburg zurück, gerry: beim fisch krieg (das standl, nicht das haus am hanuschplatz) war mein lieblings-fischhändler! über paradeiser habe ich auch noch was zu erzählen, thea, die zahl 58 spielt dabei eine rolle. more to come. und eumelchen: prinzen kenne ich nur aus dem märchen ;-) – waller sind auch nicht schlecht, können aber grundeln, die gefahr kenne ich bei reinanken nicht. forelle blau ist nicht ganz so meins, lokalreporter, aber in kombination mit dem naherholungsgebiet bestimmt eine feine sache. und das mit dem zander, nathalie, das gefällt mir!

  10. Das ist jetzt aber eine Nachricht, die mein Weltbild durcheinander bringt. Wilde Reinanken beim Merkur? Ich hoffe, auch in Linz. Da ich dir fast blind vertraue, Katha, werde ich mich mal überwinden und Fisch im Supermarkt kaufen (dort kaufe ich sonst nur Staudts Marmeladen und Essigkurkerl).

  11. laut o. g. filialliste in drei von vier linzer filialen, in der blütenstrasse sogar die ganze woche über, eline. ich war auch furchtbar skeptisch, aber die qualität ist wirklich super. und da ich für eine fisch-geschichte (pdf folgt bald auf esskultur.at, grad keine zeit) auch mit den verantwortlichen der merkur feinkost und mit eishken estate (familie aibler) gesprochen hatte bzw. vor ort war, ist denen qualität und der korrekte umgang mit fisch tatsächlich ein anliegen.

  12. na, das schaut echt super aus! Dabei bin ich im Moment irgendwie überhaupt nicht so auf Fisch, keine Ahnung warum, vielleicht sollt ich einfach wieder mal wirklich ganzen Fisch so einfach und guad machen, mit erpfö und solod ;-)

  13. gerne, eline. was denn?

    genau, mit erpfö (obwohl man die derzeit echt vergessen kann, hat mir auch ein befreundeter koch vor kurzem gesagt: nicht mal zum schnitzerl macht er derzeit einen erpfösalod) und salod, ellja, bei mir ist das gegenteil der fall: ich esse fast jeden tag fisch und könnte derzeit mal wieder nicht genug bekommen davon.

    so einem bayerisch-nachbarschaftlichen busserl würde ich nicht abgeneigt sein, liebe kaltmamsell, wenngleich ich jetzt erst mal nachdenken musste, was das „auf“ mit den backerln zu tun hat und warum es sie zu derart freudigen liebesbekundungen hinreissen würde – so selbstverständlich hat sich bei mir die gesprochene sprache in der schriftsprache eingerichtet… bei: „nicht die backerl vergessen,…“ fehlt doch eindeutig was!

  14. Noch nicht so lange aus Slowenien zurück, wo ich fast täglich die Marmorata Forelle genossen habe.

    Das gezeigte Fischerl schaut aber aus sehr klaren Augerln raus. Frischegüte!

  15. Gestern verkostet: frische Reinanken aus dem Millstädter See, abends gefischt, am nächsten Morgen gekauft. Wir haben die schönen Fische gegrillt – sie haben allen anderen Gerichten des Abends die Show gestohlen. Die Telefonnummer der Fischabteilung eines Supermarktes ist jetzt bei mir abgespeichert. Freundliches und fachkundiges Personal haben die auch noch – ich bin platt – was mache ich jetzt mit meinen Vorurteilen?
    Vielen Dank, katha für diesen Tip.

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