cupcakeinkompatibel

wiener cupcakes

es gibt immer nur ein erstes mal. das habe ich erst recht spät gelernt, und zwar anhand von neuen kochbüchern. vor dieser erkenntnis habe ich jeden neuzugang gierig aus der folie gerissen und da, wo ich gerade war (im vorzimmer, in der küche, beim esstisch, meist mit schuhen und je nach jahreszeit vielleicht auch noch winterjacke und schal und haube an), hineingeblättert. bin hängengeblieben und habe im stehen quergelesen. register und alles was vor und nach dem eigentlichen inhalt zu finden ist, inspiziert. das buch dann zur seite gelegt und mich gefreut, es später in ruhe erkunden zu können.

bloß: nur bei ganz wenigen kochbüchern gab es in der zweiten runde noch ein aha-erlebnis. ich hatte unbewusst beim ersten mal alles registriert, war meinem wissensstand entsprechend neu daran war, was mir gefiel und was ich gar nicht gut fand. beim ersten mal hatte ich natürlich nix notiert. leider.

seit ich draufgekommen bin, dass den „ersten malen“ eine andere aufmerksamkeit zuteil wird, nehme ich mir bewusst zeit dafür. nicht nur bei kochbüchern.

(meine) vorurteile

links holunder-karotte, rechts maracuja-schoko

drei absätze habe ich gebraucht, um zur sache zu kommen. cupcakes (oder noch anschaulicher per google-bildersuche) sind mir in den letzten jahren oft untergekommen – wem nicht. angesprochen haben sie mich nie, im gegenteil, ich fand finde diese aufgespritzten „frostings“ unappetitlich. da kann die kombination aus dem kuchen drunter und der geschmacksrichtung der „fülle“ drüber noch so verlockend klingen. meine abneigung mag damit zu tun haben, dass keine ernstzunehmende konditorei cupcakes im sortiment hat. wozu auch, vom kulinarischen standpunkt her ist das verhältnis kuchen zu creme völlig daneben und außerdem sind die dinger offensichtlich nicht ohne kollateralschäden verzehrbar.

anfang september hat in wien das erste cupcakes-geschäft eröffnet. der laden läuft scheinbar sehr gut, auf facebook hat „cupcakes wien“ schon über 2.250 fans. die ersten berichte über das lokal sind freundlich, aber als echte konkurrenz zu den kreationen der alteingesessenen konditoreien werden die neuzugänge nicht gesehen. dass in der josefstädter straße auch „designertorten“ im lieblichen rosa landhaus-ambiente verkauft werden, könnte ein grund dafür sein. ob die kolleg/inn/en cupcakes nicht ernst nehmen, weil sie aus amerika kommen und deshalb per se nicht gut sein können oder ob sie aus ähnlichen (vergleichsweise sachlichen) motiven wie ich skeptisch sind, weiß ich nicht.

das erste mal

holunder-karotte, warum grün?

im geschäft riecht’s am freitag jedenfalls gut nach frisch gebackenem schokokuchen, einer der beiden basis-kuchenmassen (die andere ist karotte). drei leute arbeiten in der gläsernen backstube, zwei im verkauf. während der guten halben stunde sind bestimmt 20 kund/inn/en da. das ganze in einem kleinen laden mit vielleicht 40 quadratmetern verkaufsfläche. erstaunlich. die beiden ausnehmend freundlichen frauen im verkauf (eine davon ist offensichtlich die inhaberin) schlichten in jeder freien sekunde, in der sie keine cupcakes erklären, verpacken oder kassieren, frische cupcakes nach. in der vitrine stehen 10 oder 12 sorten, alle gleich in form und größe. alle mit so viel wie deckweiß aus dicken tuben aufgespritztem frosting, dass ich am liebsten rückwärts wieder raus und schnell noch zum jonasreindl auf ein brioche in der kaffeeküche gehen würde. aber da muss ich jetzt durch. ich entscheide mich für maroni auf karotte, maracuja auf schoko und holunder auf karotte. und beiße noch vor ort in den ersten cupcake meines lebens. die maronicreme ist gut, ein bisserl langweilig. der karotten-cupcake offenbar von gestern, weil ziemlich trocken. pech. in kombination ist das ganze ein schweres, mehliges (von der textur, nicht vom geschmack) trumm ohne jede frische. zu gleichen teilen topping/frosting und basis zu erwischen, geht unmöglich (es sei denn, man kann den kiefer so weit wie ein nilpferd aufsperren). also von oben ein bissl maronicreme ab…schlecken/züngeln/saugen, dann wieder vom kuchen kiefeln. die anderen beiden nehme ich mit.

mehr geschmack bitte

maracuja-schoko, deckweiß mit topfengeschmack

zuhause hoffe ich auf ein wunder. zuerst holunder. das frosting (so gut wie alle hier sind mit topfen und/oder mascarpone, angeblich besteht das zeug im original aus buttercreme) giftgrün, warum auch immer. zumindest beim karottenkuchen habe ich glück. der hier ist frisch, locker und saftig, mir trotzdem zu wenig pikant abgeschmeckt. da muss ein bisserl mehr säure oder zitronenschale oder was auch immer her, das schmeckt sonst zu brav. das holunderfrosting hat leider viel zu wenig holunder(sirup) gesehen, es schmeckt penetrant nach topfen, und zwar nach säuerlichem magertopfen. zu wenig süß ist es auch noch, und wenn ich das konstatiere, dann geht’s schon fast nicht mehr als süßspeise durch. mir ist sonst eh alles zu süß. diese grüne topfencreme ist viel zu schwer und pappig, da hilft auch das kommunizieren der frischen zutaten und der ablehnung von aromen nichts. im übrigen: bei 3,90 euro pro stück darf man auch erwarten, dass gute ware und kein aromatisiertes billigklumpert verwendet wird. maracuja schmeckt wie holundertopfen nur eben mit maracujapüree oder -sirup. der nachgeschmack ist der gleiche. pappig-säuerliche creme, die an zunge und gaumen picken bleibt, uninspiriert und fad. die schokomasse ist okay, relativ süß, die schokolade könnte besser sein, ich mag so dichte, leicht feucht-schmierige schokokuchenmassen (tendenz brownie) sowieso nicht.

es gibt sie doch, die guten cupcakes?

the day after

zwei cupcake-hälften liegen noch im kühlschrank. ich glaube nicht, dass ich sie noch essen werde. ich geh‘ die sache professionell an und koste sie nochmal: beim ersten mal wurde alles gesagt. vermutlich gehöre ich einfach nicht zur zielgruppe. mich interessiert ja auch „sex and the city“ einen feuchten kehricht. die magnolia bakery, die angeblich schuld an dem ganzen cupcakekult ist, stand weder 1999 noch vor zwei wochen auf meiner nyc-liste (abgesehen davon, dass ich diesmal von der liste sowieso nur einen punkt abhaken konnte, und dabei handelte es sich um eine richtige bäckerei). es kann aber sein, dass es irgendwo da draußen wirklich umwerfende cupcakes gibt, mit mehr als nur homemade-muffinartigen-eh-ganz-netten-aber-eigentlich-belanglosen küchlein als basis und solchen cremen als aufputz, die einem pâtissier der alten schule nicht die schamesröte ins gesicht treiben würden. dass ich für adressen dankbar wäre, wäre eine glatte lüge, aber ich würde es auf einen zweiten versuch ankommen lassen.

bis dahin gelte ich gerne als cupcakeinkompatibel.

die beste konditorei wiens ist übrigens nach wie vor in salzburg. ich sag‘ nur: ratzka. dort wird es auch die nächsten 50 jahre keine cupcakes geben.

24 Gedanken zu „cupcakeinkompatibel“

  1. Auch hier in der Provinz ist der erste cupcaketempel daran, Fuss zu fassen. Für Kindergeburtstage mögen diese farbig-klebrigen Dinger durchgehen. Ich beiss lieber in einen Apfel.

  2. Bis eben konnte ich nie so richtig erklären, warum mich all die cupcakes so kalt lassen, obwohl ich Süßem sonst alles andere als abgeneigt bin. Nun weiß ich es, Katha, Dir sei Dank: Es ist das tatsächlich fast immer unappetitlich wirkende „frosting“, das mir alles andere als Wohlgeschmack und Genuss suggeriert. Manche meiner Vorurteile pflege ich doch ganz gern. Nun gehe ich aber ein (vielleicht auch zwei) Stück guten Kuchen kaufen…

  3. Ich finde die Dinger ja sooo hübsch (und habe auch keine Bange vor den Kalorien des Frosting-Berges) – aber bislang habe ich auch noch kein Exemplar gefunden, dass geschmacklich gehalten hat was es optisch versprach…

  4. Gekaufte Cupcakes habe ich bisher nicht genießen „dürfen“. Gegen Selbstgemachte habe ich hingegen nichts einzuwenden. Da weiß ich was drin ist, dass sie gut schmecken und wie frisch sie sind. Ich bin allerdings auch eher Fan von 2 mm Frosting, nicht von 2 cm.

  5. Ich verstehe Dich voll und ganz. Mir waren Cupcakes schon vom Aussehen her zu künstlich und letztendlich stehe ich einem Essen, dass durch eine Fernsehsendung berühmt wurde genauso so bockig und zweifeln gegenüber, wie teure Desingerschuhe, die alle haben müssen, weil die und die ein Paar in einer NY-Soap für Mädels trugen. Und dabei bin ich zum Beispiel großer Fan eines guten gehobenen frischen Muffins.

    Aber in Köln, da hatte ich einmal ein umwerfendes Cupcake-Erlebnis. Und zwar geschmacklich! Visuell auch. Das war so gut, dass ich gar kein Interesse mehr hatte, Cupcakes je in Berlin zu probieren. Wenn Du im November in Berlin bist, müssen wir unbedingt in den Kuchenladen gehen!

  6. Ich war im Mai in Berlin kurz davor so ein farbenfrohes Küchlein zu probieren. Und habe es dann doch wieder bleiben lassen. Sie sprechen mich einfach nicht an. Im Gegenteil, finde grün und pink auf so einem Cupcake abschreckend, weil zu künstlich. Wenn ich wieder mal in Wien bin, freue ich mich auf eine Trüffeltorte in der Konditorei Heiner…da kann sicher kein Cupcake mithalten;-)

  7. Moin…

    Mir geht’s da wie so einigen hier… Cupcakes sehen so künstlich aus und wenn ich bedenke, wieviel Zucker da drin ist, mag ich das gar nicht mehr essen.. Über Farbstoffe usw. mag ich erst recht nicht nachdenken… Och nö…

  8. … vielen Dank nach Wien für diesen offen zur Schau gestellten Wertkonservatismus!

    Es leben die traditionell-europäischen Konditoreien :-D

    (falls einmal jemand zufällig nach WORMS kommen sollte: Im Café Schmerker unbedingt die „Schmerker spezial“ probieren….)

    Freut sich der HH.

  9. Ratzka – da müsste es gerade die legendäre Holler-Torte geben, seufz….
    Mich erinnern diese „Frostings“ immer an Bauisolierschaum. Gegessen hab ich sowas noch nie. Und nach deiner kühl-professionellen, von optischen Blendungen unbeeindruckten Cupcake-Story hab ich auch keine Sehnsucht danach.

  10. Ich dachte ja bislang immer, dass diese bunten Törtchen im Schaufenster eh nur zum Anschauen und nicht zum Verzehr geeignet sind. Wenn es dafür jetzt aber schon ganze Läden gibt…
    Wenn mir mal eines unter kommt, würde ich trotzdem wie du den Geschmackstest machen, nur um Mitreden zu können ;o)

  11. wie wahr, wie wahr! ich freue mich, dass alle kommentatorInnen eine aversion gegen cupcaketoppingfrosting&co haben. es lebe schöne, alte konditoreikultur, die nicht abgepackte, konservierte eigelbe, zigtausende emulgatoren und künstliche essenzen etc verwenden!

  12. Ratzka!!! Welche süsse Erinnerungen an unser Interview mit Hr. Bacher…. ;) Cupcakes fand ich während meiner Amerikazeit, in der diese Läden ja wie Pilze aus dem Boden schossen, auch immer suspekt! Lustig waren immer die Hinweise beim Kauf, den Cupcake bei Zimmertemperatur zu essen da sonst das frosting nicht schmecke….

  13. Leider ist es häufig bei Kuchen und Torten. Je besser sie aussehen, desto merkwürdiger schmecken sie häufig. Eine Freundin von mir, die in der Gastronomie arbeitet sagt immer: die Hochzeitstorten, die am besten aussehen, schmecken gar nicht.
    Scheinbar ist das mit Cupcakes genauso.

  14. Lief in NYC natürlich an der Magnolia-Bakery vorbei. Die Fenster sahen toll aus mit diesen Miniküchlein, drinnen viel Sex and the City -Kitsch . Es gab Themen-Cupcakes zum Independenceday, zum Prideweekend, die Cupcakes auch noch in Kuchenform, außerdem auch noch anderes Backwerk wie Hörchen etc. Alles ganz witzig, bunt, lustig; wie ernstzunehmendes Backwerk sahs nicht aus.

  15. dann sind wir uns ja einig.
    ich hatte kurzzeitig die ausrufung eines cupcakecontests (gleiche geschmackskombinationen wie die zwei oben abgebildeten, aber richtig gute rezepte) überlegt, aber von euch würde da ja kaum jemand mitmachen – was ich gut verstehen kann. weiters hatte ich überlegt, ein paar profis um ordentliche rezepte zu fragen, aber ich will mich erstens nicht auslachen lassen und zweitens ist das scheitern bei diesen dingern (form! optik!) systemimmanent. soweit mein stand der cupcake-dinge, der sich vermutlich nicht so schnell ändern wird.

  16. Dein Beitrag entspricht voll und ganz meinen Erfahrungen. Ich finde die Dinger einfach nur langweilig und einfallslos. Da gehe ich doch lieber in eine gute Patisserie
    und geniesse die Kunst eines echten Meisters.

  17. Ich wollte schon längst einmal in diesen Cupcake-Laden in der Josefstädterstraße gehen, habs aber noch nicht geschafft. Dank deines Berichtes hab ich es jetzt noch weniger eilig… Bin vor allem skeptisch, weil sie sauteuer und so umständlich zu essen sind (Nilpferd, das trifft es!!).

  18. Ich kann als Auslandsösterreicher in England, wo Cupcakes ja auch ubiquitär sind, ein paar Hinweise liefern, warum die hier so gut gehen.
    Erstens scheint die Beschreibung des Frostings nicht dem zu entsprechen, was hier auf den Cupcakes zu finden ist, das ist normalerweise sehr süße Buttercream (so süß und fett, daß einem Erwachsenen schwindlig nach dem Verzehr eines einzelnen Cupcakes ist, weswegen diese, glaub ich, v.a. Kinder ansprechen: Stichwort Kindergeburtstag). Zweitens ist das im Vergleich zu den anderen Kuchentypen nicht viel anders ist, im Unterschied zum Kontinent sind die, so wie bei uns in den 70er und frühen 80er Jahren, sehr schwere pappige Teige und unglaublich fette und sehr süße Glasuren (wer einmal Christmas Cake hatte, der eine 2cm hohe Zuckerglasur hat, die einem bei einmaligen Genuß eines kleinen Stücks Diabetes verpaßt, wird mir beipflichten müssen), weit entfernt von den luftigen und sehr feinen Kreationen, die man z.B. in Frankreich und Österreich heutzutage findet. So gesehen passen die Cupcakes da gut ins Bild, sind aber für den Kontinent kulinarisch ein Rückschritt.

  19. Der Muffin-Hype war schon an mir vorbeigezogen. Hübsch, praktisch und nett, aber nach einigen Versuchen kehrte ich stets zu meinen Madleines zurück. Und ich bin geneigt selbstkritisch zu überlegen, ob meine Sympathie auch bestimmt wird durch die kulturelle Komponente. :-) Nun eine Muffin-Variation ergänzt um ein hübsches Hütchen. Da ich optisch leicht verführbar bin, war ich wie bei den Macarons entzückt. Aber nach den ersten Versuchen eher enttäuscht: zu trocken, zu süß und so pappig. Bis zu dem Tag als mein Gaumen Exemplare verkostete, die mit ihrem Äußeren voll mitzogen. Da wären wir wieder beim dem Satz: Es kommt darauf an … Aber eine Himbeer-Charlotte wird wahrscheinlich nie meinen persönlichen Thron der Törtchen verlassen müssen und sicherlich schon gar nicht wegen eines Cupcakes!

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