mittagessen gibt’s keines, wasser zu wenig

für jene menschen, die in fukushima die drecksarbeit machen müssen.

bei der lektüre dieses artikels im standard und nach kurzer recherche einiger anderer mehr im verlauf des heutigen abends könnte ich vor wut und entsetzen heulen – oder alternativ dazu polemisch und sehr zynisch werden.

der versuch einiger möglichst sachlich formulierter fragen dazu (weil sie nicht zu stellen gar nicht auszuhalten ist):

  • warum ist es möglich, hubschrauberladungen voll mit meerwasser, nicht aber mit trinkwasser und lebensmitteln nach fukushima zu bringen?
  • warum ist es möglich, tepco- und regierungsleute einzufliegen, nicht aber trinkwasser und anständige lebensmittel?
  • wie sollen menschen höchstleistungen in extremsituationen vollbringen können (und nichts anderes wird von ihnen erwartet), wenn ihre grundbedürfnisse nicht gedeckt sind? (die menschen schlafen auf dem böden, auf bleidecken, sie können sich nicht waschen, bekommen zu mittag aus logistischen gründen nichts zu essen, sind in der notdürftigen schutzkleidung vermutlich schneller durstig als unter normalen umständen, können nicht mit ihren familien telefonieren, weil die tepco-standleitung dafür nicht vorgesehen ist,…)
  • wie kann man in einem land, in dem esskultur so wichtig ist, den menschen nicht mal frischen reis oder eine tasse tee kochen?
  • wie ist es möglich, dass in einem der reichsten und modernsten länder der welt 400 menschen, von deren arbeit – so sagt man – gesundheit, wohlbefinden und zukunft hunderttausender oder millionen weiterer menschen abhängt, nicht anständig mit wasser und lebensmitteln versorgt werden, obwohl ja offenbar technische hilfsgüter sehr wohl ihren weg dorthin finden?

update via twitter (retweet von @dorisr): tepco macht mündliche zugeständnisse.

10 Gedanken zu „mittagessen gibt’s keines, wasser zu wenig“

  1. 1. Möge sich jemand finden, der Katharinas Text ins Japanische überträgt und an Tepco sendet.

    2. Hilflose Erklärungsversuche:
    – Mitarbeiter des Kernkraftwerkes Fukushima-Daiichi sind wie Soldaten, die darauf trainiert sind, unter widrigsten Umständen und unter Einsatz ihres Lebens einen Auftrag zu erfüllen.
    – Die bessere Versorgung mit Trinkwasser und Lebensmitteln bindet Transportkapazitäten, die für technisches Equipment benötigt werden, und bringt weitere Menschen in den Gefahrenbereich.
    – „Das Wohl von vielen wiegt schwerer als das Wohl von wenigen oder eines Einzelnen.“ (Captain Spock in „Star Trek II: Der Zorn des Khan“ kurz vor seinem Tod durch Strahlung bei der Reparatur eines Reaktors [!], um die Besatzung der Enterprise zu retten)

    3. Vor mehr als vier Jahrzehnten war es möglich, Menschen das Golfspielen in der absolut lebensfeindlichen Sphäre des Mondes zu ermöglichen*, und heute kann (oder will?) niemand in der Lage sein, die „Bioroboter“ bzw. Liquidatoren des Jahres 25 nach Tschernobyl vor Alpha-, Beta- und Gammastrahlung sowie vor Plutonium zu schützen? Ts, ts, ts . . .

    * Alan Shepard am 6. Februar 1971 im Mondkrater Fra Mauro

  2. Liebe Katharina,

    der Grund ist ganz simpel. In jeder Reaktorumgebung – auch bei intakten Reaktoren – ist die Nahrungsaufnahme gefährlich und daher verboten.
    Kurze Erklärung: Alpha- und Betastrahler richten ziemlichen Schaden an, wenn sie in eine lebende Zelle eindringen. Unsere Epidermis schützt uns davor sehr gut. Im Magen und in der Lunge gibts diese Schutzschicht nicht, so dass jeder Treffer krebsauslösend sein kann.
    Das ändert zwar nichts an der schlimmen Lage dieser bedauernswerten Helden, kann aber diesen Umstand vielleicht verständlich machen.

    LG

    Hubert

  3. dank dieser „tollen“ Bloggerspendenaktion der letzten Wochen, gibt’s dann ja sicher bald Schokolade satt für die armen Arbeiter…..

    c’est une blague, es ist halt genauso wie in Tchernobyl damals….Das zeigt, wieviel die Leute daraus gelernt haben. Schade eigentlich!

  4. Ja, es ist zum Heulen. Die Arbeiter geben ihr letztes und bekommen am Ende ihrer Schicht nicht mal eine anständige Mahlzeit. Und am Ende des Ganzen werden für sie dann die Bleisärge bestellt werden müssen.
    Überhaupt kann man nur ungläubig den Kopf schütteln, wie dilettantisch das alles von statten geht. Die Betreiberfirma und die japanische Regierung schaffen es nicht, ihre Bevölkerung und den Rest der Welt (den es auch betrifft) akkurat zu informieren. Die letzten Tage hat jemand im Standard-Forum einen guten Kommentar hinterlassen: „Lüge ist der strategische Umgang mit der Wahrheit“. Das scheint die Betreiberfirma sehr gut zu beherrschen, ganz im Gegensatz zur anständigen Verpflegung und Unterbringung ihrer Arbeiter und deren Schutz…

  5. Ich bin feige und lese und höre kaum mehr was über diese entsetzlichen Zustände, weil ich, abgesehen von Spenden, Mitfühlen, sowieso gegen Atromkraft und Energieverschleuderung zu sein, aktiv nichts tun kann, um diesen Menschen zu helfen. Ich kann auch das Wort „Liveticker“, das durch Fukushima eine völlig neue und tragische Bedeutung bekam, nicht mehr ertragen, die Flut an „Informationen“, die nicht wirklich informieren. Ach. Die Dummheit der Menschheit ist unendlich.

  6. @hubert danke für die erläuterung. das erklärt, warum es kein mittagessen geben kann, aber nicht, warum die verpflegung morgens und abends auch so elendig ist. man sollte doch meinen, dass – wenn schon keine mitmenschlichen überlegungen eine rolle spielen, die bestmögliche instandhaltung der „bioroboter“ (wie sisko schreibt) im interesse auch von tepco wäre. es ist zum weinen. das ist alles so falsch.

  7. danke!

    ganz ehrlich, es gibt selten momente, wo ich keine worte finde. seit dem erdbeben und reaktorunglück bin ich bis in mein innerstes zu tief erschüttert. ich denke an die menschen, die im reaktor arbeiten, an deren sicheren tod, deren qualen durch medikamente gelindert werden, an deren angehörige, die ihre liebsten vermutlich niemals mehr umarmen, küssen und lieben können und vielleicht irgendwann einen japanischen orden von einem japanisch uniformierten regierungs- oder tepco-mitglied bekommen. es tut mir so unsagbar weh und ich fühle mich so mitschuldig, nicht mehr und aktiver gegen atomkraft zu agieren.
    danke, dass du kommentarlose retweets liest! es war einer der wichtigsten tweets seitdem ich mit vom club bin!

  8. warum plant man, physikalisch angeblich möglich, kraftwerke dieser art, wenn schon, dann nicht zumindest sicherer (in betrieb und kühlung und für notfälle)? – ich fürchte, da wie dort, wirtschaftliches interesse:(((((((((((((((((

  9. Ich finde auch, dass Arbeiter in jetztigem AKW Fukushima vieles zum Essen bekommen sollen.
    Aber es ist nicht nur dort. In Nord-Ost-Japan befinden sich mehr als 2300 Fluchtsort und mehr als 280,000 Japaner warten auf Trinkwasser und Nahrung.

    Es gibt viele Elemente, die unsere Gesundheit schaden. Eine Strahlung, die Platonium enthält, ist zuwar gefährlich, aber die mit der Strahlung versäuchten Lebensmittel darf man nach einigen Tagen essen, weil die Strahlung verschwindet.
    Es gibt Staub, der Platonium oder andere Partikeln enthält. Um vor dem Staub zu schützen, muss man Kleidungen waschen oder ständig Mundschutz tragen.

    Und es spielt keine Rolle ob Beta- oder Ganma-Strahlung. Wie stark die Strahlung ist und was für eine Art von Strahlung ist, wird gefragt und ständig nachgemessen.
    Bei der Röntgenaufnahme, Fliegen im Flugzeug, Verzehr von einigen Lebensmitteln usw. bekommen wir auch gefährliche Strahlungen. Man darf nichts unterschätzen.

  10. Ehrlich gestanden, finde ich, dass der Standart in diesem Fall eher reißerisch berichtet. – So wie all die anderen Medien in Europa auch!
    Hier wird viiiiiel sachlicher berichtet. Wahrscheinlich auch deshalb, weil solche Naturkatastrophen auch hier jederzeit hereinbrechen können.
    Bei uns gab es die Diskusion ob die 3600,-€ die die Arbeiter (angeblich) stündlich bekommen nicht übertrieben sind. Immerhin gibt es sowas wie einen Asiatischen Ehrenkodex, sagen die Menschen hier.

    Es ist eher problematisch die Situation die dort herrscht von außen zu kommentieren. Wie gesagt, wir bekommen ganz andere Informationen.

    Liebe Grüße von der Nachbarinsel Japans – michaela

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