kulinarisches abc: frühling

frühling von a-z

wie schon bei tee von a-z auch diesmal spontan, in einem durchgeschrieben, ohne hilfsmittel, ohne lexikon, ohne nachschlagen, im zug bei seiserwetter (danke, barbara k.!) von wien nach graz, wo ich gerade vorhin bei tribeka kaffee getrunken, im schwalbennest kuchen gegessen und außerdem rote schuhe (>toll) gekauft habe.

affogato
wenn die sonne in einem bestimmten winkel und in einer bestimmten intensität am nachmittag auf unseren esstisch scheint, dann ist 1. frühling und dann muss 2. der erste affogato des jahres auf ebendiesen. ein cappuccinohäferl, darin ein gupf vanilleeis (bis dato war’s das italienische von ja! natürlich, das demnächst durch heimisches ersetzt werden soll – ich bin skeptisch), darauf ein doppelter espresso (im moment der organic line aus helmut thurners rösterei san giusto in kötschach, der mir übrigens so oder so ziemlich sehr schmeckt!). letzten samstag, am 22. märz, zum ersten mal in diesem jahr gelöffelt.

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brennnesseln
sind ein guter grund, um braune butter ins essen zu bringen. meinrad neunkirchners rezept für brennnesselspinat (steht in unserem ersten kochbuch so schmecken wildpflanzen) ist die benchmark für brennnesseln. sammeln, ein bisserl sudern wegen der brennhaare, ab in die braune butter.
brennnesseln waren aber in meiner kindheit auch dazu da, mich am sonntag nach dem mittagessen beim spaziergang mit der oma hinter dem (um himmels willen, ich weiß nicht mehr, welches!) ohr zu brennnesseln – weil das vorbeugend gegen gicht wirke. ich habe mich fürchterlich gefürchtet und dann immer wohlig geschüttelt und vorbeugend gequiekt, als meine oma den buschen hinter mein ohr hielt und vorsichtig hinter der ohrmuschel hin- und herscharwenzelte. sollte ich wieder einführen.

croissants
das c hat diesmal am längsten gedauert. cremig passt ebensowenig zum frühling wie die familie citrus. mit croissants kann man aber arbeiten. knusprige, innen weiche croissants, buttrig im geschmack, aber nicht fetttriefend, im freien (>gastgarten) zum frühstück gegessen, das würde zum frühling passen. bloß bekomme ich bis dato keine wirklich guten bio-croissants in wien.

dottergelb
auch löwenzahnblütengelb. vor allem löwenzahnblütengelb. frühlingsfarbe. als kind heißt geliebt, dann in ungnade gefallen. mittlerweile überlege ich wieder, mehr gelb (zitrus! safran!) in die wohnung zu bringen. ja, rot, du hast richtig gelesen, es könnte dir an den kragen gehen.

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erdbeeren
gehören in den sommer. ich weiß nicht, wo dieser große irrtum der kulinarik, dass erdbeeren das erste frische obst im jahre seien, seinen ursprung hat, aber richtig gute, heimische erdbeeren, die pflänzchen auf erde gewachsen, die früchte in der sonne gereift, die gibt’s ab anfang juni. früher gibt es >rhabarber, >marillenknödel und all die anderen vorräte. apropos kulinarischer irrtum: erdbeeren mit schokolade halte ich für einen weiteren. das passt nicht zusammen. hat noch nie zusammengepasst.

frankfurter grüne sauce
es dauert noch ein ganz klein wenig, aber wir hatten schon sauerampfer und pimpinelle im ernteanteil. ich liebe frankfurter grüne sauce. muss mich sehr beherrschen, nicht zu schlingen. stevan pauls rezept in unserem kochbuch deutschland vegetarisch ist eine sehr gute ausgangsbasis. machen tut’s ohnehin jede und jeder so, wie es ihr und ihm gefällt – nicht nur in frankfurt. gekochte erdäpfel dazu sind ein muss, wachsweiche eier gerne. ich vergesse meist drauf, und wenn ich die grüne sauce fertig und die erdäpfel geschält habe, verliere ich die beherrschung und habe keine zeit mehr zum eier kochen.

gastgarten
der vom mochi ist 1. in fußnähe, 2. sowieso eines meiner liebsten wiener lieblingslokale, 3. sind die tische >dottergelb, 4. brauchen wir übers essen und die freundlichste wiener servicemann- und frauschaft sowieso nimmer reden.

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hoffnung
jetzt beginnt sie wieder, meine große sehnsucht nach dem garten vor der küchentüre, in den ich in der früh als erstes barfuß gehen kann, in dem ich arbeiten kann (in der erde, aber vor allem auch an all meinen projekten wie büchern und geschichten), in dem ich am abend noch einmal barfuß stehen und durchschnaufen und froh sein kann. ich mag keinen schrebergarten. ich mag zur not eine große terrasse. aber irgendwas davon mag ich, und ich gebe die hoffnung nicht auf, dass ich das mitten in wien bekommen werde. vorne u-bahn-station, hinten garten. in der mitte mindestens genauso viel platz zum wohnen, leben, arbeiten wie jetzt (und das ist ziemlich viel, glücklicherweise).

in der luft
liegt der duft von lindenblüten, sehr bald, direkt vor meinem bürofenster steht einer, ich mag es, wenn ein bisserl der wind geht und dieser bezaubernde blütenduft hereinweht. dann sitze ich hinterm schreibtisch, schnüffelnd wie ein hund, und muss aufpassen, dass ich nicht den faden verliere beim schreiben.
liegt außerdem der duft von diesen donaumorcheln, was für ein schöner luxus!

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joghurt
komisch, ich mag ja eigentlich kein joghurt, aber im frühling ist es eine gern gesehene frühstücksabwechslung. mit crunchy von barnhouse, mit früchten aus dem tiefgekühlten, eingerexten vorrat, mit >rhabarberkompott, mit einem der vielen honige, mit gerösteten >nüssen obenauf. zur zeit mit der einen charge der zu dünnflüssigen >marillenmarmelade. was für ein glück!

kirschen
dauert auch noch ein bisserl, aber die sind erfahrungsgemäß noch vor den >erdbeeren dran. ich habe heuer für zwei kirschbäume (zwei deshalb, weil es zwei sorten sind und ich mich nicht für eine entscheiden konnte) im weinviertel kirschbaumpatinnenschaften übernommen und bin sehr gespannt, wie die schmecken werden. wenn genug davon auf den bäumen hängen, ist mit mir auch gut kirschen essen. verarbeitet werden sie hauptsächlich zu kirschkompott mit einem minzzweiglein, ein vorrat, der zu warmen winterlichen mehlspeisen ganz besonders gut passt.

lieblingsfest
ostern, das habe ich hier ja schon öfter verlautbart, ist mir das liebste fest im kulinarischen jahresverlauf. weil: >pinzen, gefüllte eier, frische radieschen, osterkrainer, osterschinken, scharfer kren und das alles bei sonnenschein, vielleicht sogar schon draußen.

marillenknödel
jetzt ist keine obstsaison (bis auf >rhabarber, der aber bekanntlich zum gemüse zählt). jetzt ist rexglas- und tiefkühlsaison. wenn die zitrusfrüchte vorbei sind (und das sind sie jetzt, die blutorangen werden trocken und fad, all die anderen spezialitäten gibt’s sowieso längst nicht mehr, bis auf zitronen, zitronen sind zeitlos), dann freue ich mich jedes jahr auf unseren marillentiefkühl-, marillenrösterrexglas- und marillenmarmeladenvorrat. schon legendär sind die frühlingsblattgemüsehauptspeisen, die nur dazu dienen, genügend platz für 3, 4, 5 marillenknödel zu lassen.

nüsse
unverzichtbare salatgehilfen: aromatisch, knackig bis knusprig, gehaltvoll. all das blattgemüse braucht ein bisserl unterstützung. am einfachsten geht das rösten von haselnüssen und walnüssen übrigens auf einem blech im ofen. mehrmals rütteln. nicht (wie ich) vor lauter gier fürchterlich die goschn verbrennen.

olivenöl
unser olivenölverbrauch erreicht keine griechischen verhältnisse, aber weit hin haben wir nicht mehr. das spanische von queiles aus dem 3-liter-kanister, im herbst begonnen, neigt sich dem ende zu. parallel sind unzählige flaschen griechisches (darunter selbst aus kalamata im koffer mitgebrachtes) und italienisches (ppura, die stehen mittlerweile sehr hoch in meiner gunst) bis aufs letzte tropferl geleert ins altglas gewandert. wir brauchen immer viel davon, aber jetzt mit dem ganzen grünzeug gefühlt noch mehr.

pinzen
es kann nur eine geben. und die ist selbst gemacht. mittlerweile ist mein rezept nicht nur hier auf esskultur, sondern auch in der nigelnagelneuen ausgabe von servus gute küche (#3, frühjahr/sommer 2014) in meiner großen osterrezeptstrecke zu finden.

quittengelee
auch so ein vorrat, der jetzt seine hochsaison hat: wann, wenn nicht jetzt? duft und frische, auf dem brioche, auf der tarte mit den letzten lageräpfeln (die ohnehin schon an biss und säure eingebüßt haben).

rhabarberkompott
ich bin bekanntlich auf der sauren seite daheim. ich mag sauer, ich mag auch sehr sauer. aber ich mag besonders das rhabarberkompott nach unserem rezept in österreich vegetarisch. da stimmt alles: optik, farbe, konsistenz der stücke, duft, geschmack, kombination (himbeeren! duftiger weißwein! vanille!), süße. und säure, eh klar.

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spargel
jetzt, ende märz, freue ich mich schon wie deppert auf ihn. ich kaufe nur einen einzigen: den bio-spargel von brandenstein aus dem marchfeld. dort war ich bereits selbst stechen, den kenne ich, den bekomme ich ab hof, am selben tag gestochen. nur dann schmeckt spargel so süß und saftig. die süße baut innerhalb von stunden ab. frisch gestochener weißer spargel ist ganz gewiss meine liebste frühlingsknackigkeit und –saftigkeit. eigentlich sollte ich dem spargel ein kulinarisches abc widmen. knopf im hirn, wird gemacht. die saison beginnt heuer früher, weil’s so warm war.

toll
kurze leiberl, fenster den ganzen tag offen lassen, draußen sitzen, sonne im gesicht, warme sonne im gesicht, die hitze im auto beim einsteigen, >in der luft der duft von lindenblüten, >spargel, >rhabarber, die neuen roten waldviertler „madame wunder“ mit ledersohle (schönwetterschuhe!), vorfreude auf all die kräuter, gemüse, blüten, früchte, die das jahr bringen wird.

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veilchen
dieser duft! diese farbe! dieser duft! einfangen, sofort! suchen, schauen, finden, bücken, pflücken, riechen, staunen, weiterpflücken, verzückt sein, stolz sein, weiterpflücken. sirup ansetzen, am besten den nach frau küchenschabe.

weißbrot
frühling ist weißbrotzeit. weil grünzeug. weil >olivenöl. und dass der lieblingsbäcker gragger eine filiale samt ofen auf dem vorgartenmarkt, in hauspatschennähe von uns, aufsperren wird, ist die beste frühlingsgrätzelnachricht überhaupt.

xylophon
spielen würde vielleicht sogar ganz gut zum frühling passen. amseln sind mir aber lieber.

yuzu
könnte man eigentlich auch zum rhabarberkompott geben. oder später dann zum spargel.

zweig
zwingend am esstisch. kann mich minutenlang daran weiden. in der früh beim aufstehen. am nachmittag in der sonne (siehe auch >affogato). am abend in unserem dramatischen esstischlicht. der letzte war von einer (mir) unbekannten obstbaumart, mit dem erwerb (…) habe ich wahrscheinlich gegen das nationalparkgesetz (lobau …) verstoßen und außerdem eine kolonie an raupen und sonstigem getier auf den esstisch geholt. egal. weil zweige sind im frühling zwingend.

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7 Gedanken zu „kulinarisches abc: frühling“

  1. als ich bei b nicht bircher sondern brennnessel gelesen hab, hab ich schnell bei m nachgeschaut, aber nachdem „jetzt keine obstsaison ist“ und schon gar keine heimische beeren saison dauert´s wohl noch ein kleines weilchen bis wir uns an esskulturellem müsli erfreuen dürfen.. :)!

  2. Was für ein schöner Frühlingsreigen! Und von den roten Schuhen durften wir auch die Hälfte sehen. Ich wünsche einen wunderschönen Sonntag!

  3. bei dem punkt hoffnung sprichst du mir aus der seele. es gab nichts schöneres als die tage bei meiner oma, mitten in linz mit einem 1000m2 garten, an denen wir nach dem aufstehen barfuß durch ihre geheimen winkerln mit rosmarin, mit kirschbäumen, mit schnittlauch-beeten gewandert sind und dabei gänseblümchen gepflückt haben. das und sie vermisse ich sehr(!!!) in wien.

  4. Ein wunderschönes Alphabeth :-)
    An meinem Blog wird der Frühling leider vorüberziehen, weil wir umziehen und gerad keine Zeit dafür ist, an mir aber nicht, ich liebe ihn so…
    Gerade die schönen Frühlingsgerichte gehen so schnell und sind so gut, endlich wieder frisches Grün, erst mal sind die Kräuter und die Radieschen dran hier!

  5. Gerade heute mach ich den neuen Veilchensirup fertig – ich hoffe, euch hat der vom vorigen Jahr geschmeckt. Es ist immer wieder ein Genuss, in einem „Veilchenfeld“ zu sitzen und zu pflücken :-))
    Und dein Rhabarberkompott gehört auch zu meinen Lieblingen, ich freu mich schon drauf!

  6. was für ein schönes, frühlingsfrisches abc.
    mein highlight: die beste frühlingsgrätzelnachricht überhaupt. danke!
    bin bis jetzt nicht die vorgartenmarktgeherin – das wird sich ändern!!
    kirschkompott mit minze – hätte ich auch selber draufkommen können ;-) werd ich heuer gleich probieren. zu ostern gibts bei uns zum ersten mal „deine“ Mon Cheri , die kirschen warten schon seit letztem jahr im keller.

  7. du passt ja auf wie eine haftlmacherin, elisabeth, und das ist gut so, sonst vergesse ich bloß wieder!

    danke, buchfink!

    jetzt war ich grad in gedanken dabei, zwergenprinzessin, ich verstehe gar nicht, dass es so viele leute gibt, die das nicht brauchen – oder sagen, das nicht zu brauchen.

    danke, britta! ja, das radieschenbrot hat inzwischen bei mir auch schon premiere gefeiert.

    er war super, küchenschabe, danke sehr, und dein rezept funktioniert prächtig. haben ihn zwar aus zeitnot 2 wochen stehen gelassen, aber das hat ihm nix gemacht.

    danke, martina! ich hoffe, das wird bald was mit „unserer“ bio-holzofenbäckerei hier. die mon cheri sind eine kleine patzerei, aber eine, die sich auszahlt!

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