first eatact: gasthaus plamenig

wenn man sich in unbekannte weltgegenden aufmacht, sind kulinarische tipps von vertrauenspersonen unerlässlich. anfang märz waren wir in so einer gegend, dem kärntner gailtal. dort gibt’s zwar mit dem daberer ein tolles, freundliches, gutes hotel, aber spätestens nach drei oder vier tagen bekomme ich überall kulinarischen lagerkoller.

dank unserer freunde miriam und gregor (genau, le foodink, grafik von esskultur und österreich vegetarisch, deutschland vegetarisch, … vegetarisch) waren wir mit einem besonders heißen tipp versorgt. aber den plamenig, ein gasthaus in der walachei in latschach nähe hermagor, muss man erst einmal finden.

sicher waren wir uns nicht, ob wir hier richtig sind:

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der „saal“ hat die zweifel nicht zerstreuen können:

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wohl aber die speisekarte:

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hier kocht seit ende letzten jahres manuel ressi, langjähriger souschef im steirereck in wien, dort für 30 leute in der küche verantwortlich, hier alleine in der küche. alleine. ganz alleine. bloß am sonntag hilft die plamenig-oma aus.

an diesem ort in so einem wirtshaus so zu kochen erfordert eines: mut.

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an der milzschnittensuppe (viel zu viel, aber viel zu gut zum übrig lassen) erkennt man nur die sichere hand. an der hendlsuppe mit asiatischen aromen entweder draufgängertum (mitten im kärntner gailtal?) oder den verschmitzten wink, dass es neben speck und nudel (die werden hier ja tatsächlich auch in der mehrzahl ohne -n geschrieben) auch noch was anderes auf der welt gibt. so schmucklos muss man eine hendlsuppe erst einmal auf den tisch stellen. nach dem ersten löffel war aber klar, dass wir goldrichtig sind. diese hendlsuppe bitte im halbliter-rexglas zum verkauf anbieten. danke.

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das beef tatar kennen wir so ähnlich vom frühstück in der meierei, hier hat es mir besser geschmeckt, was sicher nicht am teller liegt. die bretter fürs röstbrot haben sich ressi und der wirt alfred plamenig, die übrigens nicht verwandt sind (weil das wohl jeder fragt, warum ressi hierher kam), sondern einfach nur über ressis frau benachbart sind, jetzt einmal probeweise machen lassen. man wird sehen.

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forelle von ums eck mit roten rüben und (unnedichem, aber das ist meine persönliche meinung) apfelkaviar so meisterlich behutsam gegart, dass man nur mehr fisch essen möchte. auf einem anderen teller vielleicht.

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und dann das lampel mit sellerie und haselnüssen. das beste lammfleisch, an das ich mich in meinem leben erinnern kann. weil ich mich an die meisten nicht erinnern kann, so charakterlos langweilig sind sie fast immer. das hier war so saftig, als hätte jemand im millimeterabstand heißen lammsaft injiziert, obenauf so krachend knusprig das fett, und so intensiv wohlig geschmackvoll, dass das lampel vor mir auf der wiese stand. auf der kärntner wiese. genauer: 1 km den berg hinauf, wie ressi später auf nachfrage erzählte. dass ihm das am meisten tauge, dass er hier wieder richtig kochen könne, das ganze tier bekomme, alles selber machen müsse, dass die leute topinambur aus dem garten und im herbst noch die letzten wildfrüchte gebracht hätten. und ja, dass er schon nach wie vor die gesellschaften und feierlichkeiten ausrichte, weil: warum nicht? aber das bratl mache er halt ein bisserl anders … und dass beim heringsschmaus die stille post im ort recht rasch verbreitet habe, dass sein heringssalat ohne ei wohl überhaupt nicht ginge. das erzählt er mit einem kleinen achselzucken, grinsend.

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warum da vor der tür draußen ein weißer anbau, unverputzt, stehe? das war seine einzige bedingung, damit er überhaupt komme, dass die toiletten bitteschön doch gemacht werden müssten. jetzt stehen neue da. die gäste können kommen. und die gäste sollen kommen. auch, wenn der plamenig viel zu billig ist und es keine website gibt, das mit dem wein auch noch ein bisserl ausgebaut werden darf, der wirt für mein gefühl keine ahnung hat, was er da für einen schatz in seiner küche stehen hat, man nicht gescheit hinfindet und der saal die verwöhnten augen der wahlwienerin ein bisserl belustigt. denn das kostet alles geld, das im moment in ressis küche definitiv besser aufgehoben ist.

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auch bei den nachspeisen, die in ihrer anrichteweise und auf ihrem geschirr skurill wirken im rahmen des saales, der schon für das abendliche geburtstagsfest eingedeckt ist. die knusprige marillenpalatschinke, die ihre herkunft aus 1030 wien nicht leugnen kann (ressi, verschmitzt: mein eigenes rezept werde ich ja verwenden dürfen, oder?) mit kornelkirschen-vanilleschnee und die „milchschokolade“ mit honig, mandeln und banane schmecken großartig. wie alles hier.

achtung: offen hat der plamenig zwar von dienstag bis sonntag, aber küche nur von donnerstag bis sonntag, dafür durchgängig.

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22 Gedanken zu „first eatact: gasthaus plamenig“

  1. hui! ich möcht ihm sofort neues gschirr kaufen. und wenns durcheinandergemischt vom nächsten flohmarkt ist (wie das übrigens hier http://www.restaurantbror.dk/menu/ ganz wundervoll gemacht wurde). und ja, in die weltgegend will ich jetzt auch, eilig.
    (aber was ist das grausliche weiße zeug am boden auf dem ersten foto?)

    lgmm

  2. du erzhlst dann, wie’s war, gell, nada?

    du solltest vor allem einmal dort essen, mmiedl, ungeachtet des geschirrs. fahrt’s halt einmal ein bissl weiter als in die steiermark ;-) und da der herr küchenchef hier eh mitliest, könnte er der geschirridee vielleicht sogar was abgewinnen …

  3. ich bin schon dabei, den mitreisenden dahingehend zu beeinflussen. weil jaja, wir fahren eh oft weiter als bis in die steiermark, nur blöderweis ist hermagor aber nur mit sehr sehr viel gutem willen am weg nach cannes :)

  4. Ich glaub ich war dort schon mal, in meiner Kindheit – da aus Villach stammend. Aber so einen Topkoch hatte der damals noch nicht. Finde ich super und muss ich mir für den nächsten Heimaturlaub merken. Das Geschirr ist wirklich hardcore – aber wenn das neue schon kommt! ;-)

  5. Danke für den Tip, hört sich interessant an. Wenn wir das gewußt hätten, wären wir am Samstag vielleicht dorthin gefahren, anstatt zum „Rathhaus“ in St. Georgen am Längsee, wie von Severin Corti empfohlen:
    http://derstandard.at/1395364639070/Zeit-lassen-Rathhaus-im-Georgium bzw. http://www.rathhaus.co.at/

    Und dann hätten wir uns vielleicht geärgert, denn im Rathhaus war es ebenso fantastisch!

    Also zwei neue, interessante Köche in Kärnten, einer aus Wien(?), einer aus der Steiermark…

  6. wäre aber eine schöne geschichte, mmiedl, via latschach nach cannes!

    danke, christiane fuchs, das freut mich, beides!

    das ist ja auch ganz neu, ingrid. du wirst die küche wohl eher nicht wiedererkennen ;-)

    danke, ingo. zum rathhaus wollten wir auch, aber das ist sich nimmer ausgegangen damals. manuel ressi ist kärntner!

    ich wette, du würdest dort trotzdem fotos machen, pepe ;-)

  7. Nicht nur das „weiße am Boden“ und das wo das Essen drauf liegt, das an der Wand passt so auch gar nicht. Wenns annähernd in meiner Nähe wäre würde ich sofort ein Tauschgeschäft vorschlagen, – ich nehme an das wird bald wer machen …

  8. auf der gegenüberliegenden seite hing ein bild, mischa, das ich ernsthaft überlegt hatte zu kaufen. das war aber ein bissl ein anderer stil ;-)

  9. Ich mag dieses trashige Ambiente. Diese Art von Understatement zeigt doch auch, dass es völlig egal ist wo/wie exzellentes Essen serviert wird und dass jeder dieser Landgasthäuser wieder die Liebe zu wunderbaren Zutaten und richtiger Kochkunst entdecken muss, damit wir wieder zu unserer Esskultur zurueckfinden – ohne gleich die komplette Einrichtung umzureissen ;)
    Ebenso trägt das Ambiente dazu bei, die richtige Botschaft zu senden: Gutes Essen ist nicht nur für die „elitären Besserverdiener“, sondern für ganz „normale“ Menschen. Mir gefällt das sehr gut.
    Nein, der braucht keine neuen Teller; nur mehr Nachahmer.
    Danke für den tollen Bericht, für mich jedenfalls eine Reise wert.

  10. Wir waren heute das erste Mal beim Plamenig, Cortis Rezension im Webstandard (http://derstandard.at/1397521291156/Hinter-allen-Bergen-Der-Plamenig) hat uns dazu animiert.
    Das Essen war vorzüglich und außergewöhnlich, was ja auch hier in diesem Blogeintrag gut zur Geltung kommt.
    Bloß bin ich überhaupt nicht der Meinung, dass der Wirt keine Ahnung hat, „was er da für einen Schatz in der Küche stehen hat“.
    Und auf Tipps zur Preisgestaltung kann Herr Plamenig sicher auch verzichten…

  11. danke, kari. ich hab‘ an dem ambiente auch nix auszusetzen, im gegenteil, so ein wirtshaus darf ruhig so ausschauen. was mich stört, ist, dass ich nicht in der stube sitzen kann (die weit schöner ist als der saal, ist ja immer so), weil dort geraucht wird.

    und was die teller betrifft: nur, weil sie alt sind, sind sie nicht automatisch gut. gegen weißes altes porzellan würde kein mensch was sagen, aber diese teller waren, mit verlaub, nie dazu geeignet, essen gut ausschauen zu lassen.

    danke, helmut. wenn der wirt einen anderen eindruck vermittelt hat, umso besser! ich fand alfred plamenig bei unserem besuch wahnsinnig nett, bemüht und freundlich, sehr wertschätzend seinem neuen küchenchef gegenüber.

    das wesen von – stets subjektiver – kritik ist es, auch (aber ganz gewiss nicht nur) anzumerken, wenn man etwas nicht gar so super findet. ich finde es ausgesprochen kontraproduktiv, wenn sehr gutes essen zu billig ist. egal ob im lebensmittelhandel oder in der gastronomie. der job in der küche ist zeitaufwendig, anstrengend und nicht übermäßig gesund, wenn man nicht aktiv für ausgleich sorgt. ich bin gerne bereit, einen angemessenen preis zu zahlen, wenn handwerklich so super gearbeitet wird wie beim plamenig und dafür beste regionale rohstoffe verwendet werden. ich bleibe dabei: ich finde das essen für die gebotene qualität zu billig.

  12. Gutes Essen sollte aber für alle leistbar sein und auch Menschen, die sich üblicherweise „nur“ einen Wirtshausbesuch leisten können, sollen dort angemessene Qualität bekommen und keinen Billigramsch. Sobald „gutes“ Essen zu teuer; sprich elitär wird, entgeht einem viel Publikum. Sobald aber mehr Leute essen gehen, gibt es mehr Umsatz, mehr bessere Lokale, und das Preis/Lohnniveau passt sich mit der Zeit an. Denn die Köche sind für ihre grandiose Leistung, die sie da jeden Tag vollbringen leider auch vollkommen unterbezahlt. Das passt schon so; er wird wissen, was er tut :)

  13. „sollte“ und „sollen“, kari, genau. die regel ist billigramsch, meist billig, oft auch im verhältnis unverschämt teuer. du widersprichst dir mit „das passt schon so“ und „köche sind vollkommen unterbezahlt“. genau das ist der punkt und das habe ich in meinem vorigen kommentar als antwort auf helmut auch so formuliert. präzisieren muss ich allerdings: den menüpreis finde ich zu billig. die à-la-carte-preise finde ich auch fair und passend.

  14. Ich bin mit Kari d’accord.
    Ich gebe aber auch Katha Recht, dass die Menüpreise schon verflixt günstig sind, verglichen mit den „fairen und passenden“ á-la-carte-Preisen.
    Für den Neustart eines Restaurants, das in vielerlei Hinsicht erst „im Aufbau“ ist, siehe etwa das Essgeschirr, sehe ich die günstigen Menüpreise aber durchaus als gelungene Marketingmaßnahme zum Aufbau eines Stammkundenstockes.
    Auf jeden Fall ist „der Plamenig“, wie er sich nun darstellt, eine äußerst erfreuliche Bereicherung der Kärntner Gastronomieszene…

  15. helmut, guter punkt: für den neustart ist das eine gelungene marketingmaßnahme. wahrscheinlich muss man es genau so sehen.
    dass wir froh sind, dass es den plamenig (so) gibt, darin sind wir uns ja eh alle einig.

  16. ES IS WOHL GSCHEITER I HAB DAS HAUS VOLL UND DIE LEUT KÖNNEN SICH ESSEN GEHN LEISTEN ALS I STEH MA DIE FIASS IN DEN BAUCH WEIL SICH NUR EINE KLEINE ELITE MEINE PREISE LEISTEN KANN!!!
    …UND DAS LOHNNIVEAU IS IN KÄRNTEN HALT LEIDER UNTER JEDER…

  17. @kAZI: Was schreist denn so ;-)
    @katha: Plamenig hat die Menüpreise moderat angehoben:
    3-Gänge kosten jetzt 19€, vier Gänge 24€. Bei teureren Hauptspeisen, z.B. Gailtaler Lammm, kommen zwei € dazu.
    Passt noch immer sehr gut und der Plamenig ist am Wochenende stets ausgebucht.

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