noma, kopenhagen: die gänge 2-6/12

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2. gang: taschenkrebsfleisch (aus norwegen) auf einem gelee aus muscheln, meersenf und portulak. ich mag krebse und krabben und garnelen und all diese viecher, und ich mag auch muscheln, aber das hier war nicht ganz so meins: das krebsfleisch mit ein wenig mayonnaise, eine feine, recht klassische masse, das gelee eine muschelaromabombe, heftig, der beach mustard, um dessen übersetzung ich mich noch nicht gekümmert habe meersenf (danke, eline) eine würzige ergänzung.

rené redzepi erzählt später, dass er am nächsten morgen eine stunde nördlich von kopenhagen am strand kräuter sammeln gehen wird. er nimmt dazu immer einen (anderen) seiner köche mit, damit alle wissen, wo die speziellen zutaten herkommen, wie sie aussehen und wachsen und wie sie geerntet werden.

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3. gang: moschusochsentatar mit kren, waldsauerklee, wacholder und estragon, von rené redzepi serviert und erklärt. dummerweise habe ich das gericht statt seines erfinders fotografiert. sorry. rené redzepi erklärt, dass es sich beim musk ox tatar um eines seiner lieblingsgerichte handelt, obwohl tatar was ganz gewöhnliches sei und auf jeder speisekarte zu finden. als redzepi vom kren zu reden beginnt, der frisch gerieben zwischen tatar und waldsauerklee versteckt ist, kommen uns plötzlich die gemeinsamkeiten zwischen dänischer und österreichischer küche in den sinn. wir sprechen ausser von roggenbrot, erdäpfeln und schmalz auch vom wienerischen ausdruck „friedhofskren“, den redzepi zwar noch nie gehört hat, aber ziemlich amüsant findet. daraufhin geht er noch ein bissl ins detail und sagt uns, dass es in dänemark 159! rettichsorten gibt. in der zwischenzeit hätte doch das besteck kommen müssen, denke ich mir, und redzepi registriert meinen blick sofort, denn er beschreibt jetzt, wie man das tatar mit den fingern (!) isst. ich steh‘ mir’s ja aufs essen mit den fingern, das wissen alle, die mich kennen. aber tatar? mit sauce? gut: redzepi empfiehlt, das tatar mit zwei fingern zu nehmen, in das wacholderpulver daneben zu drücken und danach mit dem päckchen zwischen den fingern durch die estragoncrème zu fahren. dazu wurde übrigens der riesling federspiel von alzinger 2008 eingeschenkt. und als wir nachfragen, warum sie viele österreichische weine führen und empfehlen, bekommen wir als antwort, dass die „cold climate wines“ einfach am besten zu redzepis nordischer küche passen würden.

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es geht, und zwar erstaunlich gut. irgendwo habe ich auch schon mal erzählt, dass ich ausser mit den fingern zu essen auch tatar wahnsinnig gern habe: deshalb gehört dieser gang aus dem aromatischen fleisch des moschusochsens (das ich schon letztes jahr in grönland kennenlernen durfte) mit der schärfe vom kren, der frischen würze und leichten säure vom sauerklee, der wärme des wacholders (den ich in form ganzer beeren im sauerkraut nicht ausstehen kann) und noch mehr wärme und süsse der estragoncrème natürlich zu meinen favoriten. mit den fingern essen, tatar, schärfe, estragon – was soll da noch schiefgehen? in der dritten ausgabe des etwas schrägen, aber dank ausführlicher interviews für mich spannenden deutschen foodmagazins le schicken ist übrigens ausser einem guten interview mit rené redzepi auch sein rezept für dieses moschusochsentatar mit beiwerk zu finden. leider nicht online. dafür habe ich es dank eines hinweises von eline eben auf der guardian-website ergoogelt, hier ist das rezept auf englisch: tatar of musk ox (or fillet steak)

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4. gang: dänische langustinen mit austern-petersilien-emulsion und algen, ohne besteck. warum wir je zwei von den köstlichen viechern bekommen haben, weiss ich nicht. es war jedenfalls sehr grosszügig vom noma, ich hätte mich auch bei einer dritten, vierten oder fünften nicht zurückhalten können. der stein heiss, die langusten saftig und weich und süss, zum eintunken in die saucengupferl aus austern und petersilie, darüber wieder mal ein bisschen roggenbrotbrösel für die textur und das lila pulver, das ist die alge. aber was für eine heftige, mein lieber scholli: eine isländische angeblich. das ganze war aber – im gegensatz zum gang nummer 2 – harmonisch. verspielt? ja und?

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5. gang: gedämpfter spinat, tee, sellerie, käse. jetzt geht’s richtig los für mich: gemüse, kräuter, düfte, aromen, ausser dem genannten war noch dabei: apfel, kerbelstängeln, zitronenmelisse, brot, weisse ribisel. der spinat in tee gedämpft, darauf all das knackfrische gemüse, obst und die kräuter, dazu ein heisser, duftender käseschaum, der erst bei tisch auf den teller kommt. dazu gab’s einen (biodynamischen, eh klar) pouilly fumé und so simpel dieses gericht aussehen mag: es war perfekt. und ich würde mir wünschen, es wieder essen zu können.

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john löffelt gerade die zwiebelbouillon auf den web- und sängermeisterlichen zwiebelhommageteller, den nun schon 6. gang. (ah! das wollte ich schon vorhin mal sagen: das steingut schaut wunderbar aus, aber der lärm, den das gabel- und messergekratze von leuten wie mir, die die sauce und brösel und so weiter bestimmt nicht am teller zurückgehen lassen, ist keine gaudi. leider.) zurück zu den zwiebeln. ich war skeptisch, als ich das hier sah:

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6. gang: hommage an die zwiebel, vogelmiere, bouillon. so viele zwiebelsorten auf einem haufen? nämlich: zwiebelschalen (also äussere teile, nicht wirklich die trockenen schalen) in bier, in butter gedünstete salatzwiebeln, ein zwiebelconfit ganz unten, dann noch die frühlingszwiebeln und vermutlich haben sich noch andere versteckt. darauf ein gupferl geschmolzener schweizer käse und was wie kaviar aussieht, ist tapioka, in der zwiebelbouillon gekocht, die john auf dem oberen foto gerade über die zwiebeln löffelt. das kräutlein ist vogelmiere, die mit ihrem leicht süsslichen maisgeschmack in eine ähnliche richtung wie die zwiebeln geht. nein, das gericht war nicht „stinkig“ und ja, es hat mir geschmeckt, sehr sogar. die kombination aus den offenbar hervorragenden und frischen zwiebeln (keine war roh) mit dem käse und der bouillon könnte eine interpetation der französischen zwiebelsuppe sein, die – im gegensatz zum original – für mich ihre berechtigung hat. wenn sie in der noma-küche zubereitet wird. woanders würde ich sowas vermutlich nicht essen, gar nicht erst bestellen. wobei: bestellt haben wir ja auch im noma keine einzelnen gerichte, sondern das grosse menü. wir wussten nicht, was kommen würde. die überraschungen gehören zum vergnügen.

noch mehr noma:
teil 1: ankunft
teil 2: brot und gang 1/12
teil 4: die gänge 7-12/12
teil 5: blick in die küche, gespräch mit rené redzepi und abschied

11 Gedanken zu „noma, kopenhagen: die gänge 2-6/12“

  1. Sehr schön! Das Noma hat genau die Art von Avantgardeküche, die mir gefällt – eine ähnliche „Philosophie“ (auch was das Geschirr und die Bestecklosigkeit betrifft) gibt es bei Aljamo in Padua. Das unterscheidet sich sehr von der spanischen Schule, weil viel natürlicher gekocht wird.
    Beach Mustard = Meersenf (cakile maritima) wächst an nordischen Stränden wild, die moderne nordische Küche liebt ihn, ich auch.

  2. Redzepi soll ja im Herbst im Ikarus kochen, das wäre ja nicht weit für mich- aber ich finde, das Ambiente gehört beim Noma dazu. Das Ikarus passt da gar nicht zu diesem Küchenstil.

  3. ja, eline, im oktober. das mit dem ambiente stimmt natürlich, aber: wir haben schon reserviert. so einen vergleich in so kurzer zeit lasse ich mir nicht entgehen. wenn ihr nur zu zweit seid, habt ihr vielleicht am 1. oktober noch eine chance, da wird redzepi da sein (habe ihn gefragt). den ikarus-hinweis hatte ich ohnehin für den letzten meiner menü-aufarbeitung geplant.

  4. die dänisch sprechenden langustinen schauen ein wenig verloren drein. und was sind die kleinen kugerln auf der seite? hab ich da etwas überlesen? das können doch nicht die saucengupferl sein, die wie kugerln ausschauen. :-)

    njamm! ich hol mir jetzt eine scheibe schwarzbrot mit guter butter.

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