die franzosen kennen sich mit essen aus, also machen sie auch den besten senf. fernsehen bildet und ich habe alle bücher gelesen, die in meinem regal stehen.
was aber schon stimmt: senf gehört zu meinen grundnahrungsmitteln.
wir haben deshalb auf unserer frankreich-tour anfang september in dijon bei maille senf einkaufen müssen, obwohl unilever auf den etiketten steht, fallot-senf (angeblich der letzte in der weltbekannten senf-gegend, der die tradition hochhält und auf steinmühlen mahlt) aus beaune mitgenommen und sind zu téméraire in couchey südlich von dijon gar nicht mehr abgebogen, weil wir schon von weitem das „kühne“-schild auf dem fabriksgebäude erkennen konnten.
bei maille wurden wir abgeschasselt, als hätten wir in mariazell um rabatt auf lebkuchen mit pontifex-abbild gebeten und grundsätzlich auf englisch angesprochen (auch wenn wir auf französisch fragen stellten). ein kniefall pro gekauftem senfglas wäre offenbar erwünscht gewesen. aber auch in österreich gibt es schon lange keinen kaiser und keine kaiserin mehr, sorry!
anstatt ebenso vornehm zu antworten: danke, ich habe schon ein senfglas! und lieber noch auf ein paar fruchtgeleewürferl zu gillotte ums eck zu gehen, haben wir uns demütig dem senfritual unterworfen (so lange ist es auch nicht her, dass wir keinen kaiser und keine kaiserin mehr haben), stur auf französisch eine sorte nach der anderen geordert, erst bei zehn gläsern auf der gepflegten, alten budel den kaufrausch bemerkt und uns dann nicht mehr getraut, auf französisch, englisch oder mit händen und füssen wieder ein paar davon auszusortieren. die rechnung hat dann eh nur 32,50 euro ausgemacht, für z. b.
moutarde verjus et miel
moutarde à la mangue et épices thai
moutarde aux fines herbes
moutarde au bleu
moutarde au cassis de dijon
moutarde fins gourmets
klingt super, oder?
hier z. b. die zutatenliste von mango und thai-gewürzen:
eau, graines de moutarde, vin blanc, mangue, sel, jus de citron concentré, sucre, arome, acidifiant: acide citrique, epices thai, colorant: e 160 b, conservateur: e 224 (sulfites).
wofür brauche ich in einem senf aromen, zitronensäure, farbstoffe und konservierungsmittel?
bei fallot ist es nicht anders, siehe z. b. moutarde verte à l’estragon:
eau, graines de moutarde, vinaigre, sel, téguments de moutarde, aromates, feuilles d’estragon, arome naturel d’estragon, antioxygène: disulfite de potassium, acidifiant: acide citrique, sucre, épices, colorants: e 102, e 131.
wieso kann ein estragonsenf nicht aus wasser, senfsamen, essig, salz und estragon bestehen?
die senfe schmecken nicht schlecht, aber sensation sind sie keine.
das mag damit zu tun haben, dass ich den besten dijon-senf eh schon davor zuhause hatte. seit mehr als zehn jahren kaufe ich ihn von einem kleinen, feinen bio-feinkost-produzenten aus bayern – und habe ihn offenbar als benchmark am gaumen gespeichert.
lieber dijon-senf von byodo!
ich habe dir unrecht getan und in gedanken deinen französischen brüdern die senf-vorherrschaft zugewiesen. obwohl du mir immer am besten geschmeckt hast, konntest du doch nicht gleich der beste dijon-senf von überhaupt sein! du warst ja nur ein kleiner bio-senf-bruder, ein mitläufer in der grossen, scharfen, traditionsgepflegten gourmet-welt. aber, lieber dijon-senf von byodo, reisen bildet. jetzt weiss ich: du bist zwar klein und teuer, aber dafür auch der beste dijon-senf, den ich kenne. sehr scharf, würzig, rein und einfach köstlich.
deine esskultur.at
ps: woraus der dijon-senf von byodo besteht? aus wasser, bio-branntweinessig, bio-braunsenfsaat und meersalz. woraus denn sonst?
genial, danke für diesen grossartigen beitrag!