einfach mehr vielfalt

[seiserschmarrn, der sechste – der letzte ist lang her, es geht um meine – möglicherweise streitbare – meinung in nicht allzu vielen worten]

mit diesem sujet und der neuen website „einfach ist mehr“ wirbt offensichtlich gerade der diskonter aldi (slogan: „qualität ganz oben – preis ganz unten“ – haben die den stein der weisen gefunden?) auf plakaten in deutschland:

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da ich wegen meiner mittlerweile offenbar über die landesgrenzen hinaus bekannten zitrus-leidenschaft mehrfach auf twitter und facebook darauf angeprochen wurde, was ich denn von dieser aussage hielte (kollege hendrik haase wurde vom stern zur kampagne befragt), hier meine spontane antwort:

aldi und die zitronen
oder: das glück der ahnungslosen. einfältigen? dummen? ignoranten? armen?

  1. wer die vielfalt nicht kennt, sieht keinen wert in ihr und muss sie folgerichtig nicht verteidigen.
  2. bildung. wie immer halte ich bildung für eine zentrale frage und antwort gleichermaßen: geschmacksbildung, lebensmittelbildung, kochbildung. herzensbildung (denn dann ist ignorante werbung auf kosten anderer – in dem fall jener, die vielfalt a) anbauen, b) schmecken/kaufen und c) darüber hinaus für notwendig erachten keine option mehr).
  3. vielfalt überfordert offensichtlich. was ich natürlich nicht nachvollziehen kann, denn ich halte sie in allen bereichen für einen wesentlichen faktor der lebensqualität. besonders perfide finde ich das ansinnen, (natürliche, alltägliche, selbstverständliche) komplexität als unnötig zu bewerten, von der aldi seine kundinnen und kunden „befreien“ möchte, wie auf der kampagnen-seite vorgeschlagen. da(s) stimmt einfach alles nicht.
  4. es erinnert mich ein bisschen an planwirtschaft, friss, vogel, oder stirb. das ist nicht nur beim essen gefährlich.
  5. essen wird noch immer nicht in seiner vielfalt (!) und vor allem in seiner interdisziplinarität wahrgenommen. welche auswirkungen haben monokulturen oder die reduktion auf wenige sorten (auf den boden, die artenvielfalt, die abhängigkeit der landwirtinnen und landwirte von saatgut- oder zuchtkonzernen etc.)? alleine über diesen punkt könnten wir lebensfüllend weiterdiskutieren. mir ist die praxis bekanntlich lieber: vielfalt auf die felder und die weiden, in die regale, in die töpfe, auf die teller, in die münder!
  6. vom diskonter erwarten wir jetzt aber nicht ernsthaft das gute?
  7. zitronen haben’s geschafft! vor wenigen jahren noch hätte niemand zitronen mit sorten in verbindung gebracht. was für eine erfolgsstory!
  8. die leute von der aldi-kampagne spielen offenbar auf meyer zitronen an, denn sonst sind ja schon überhaupt keine zitronensorten bekannt – die meyer-saison beginnt bald!
  9. bei apfelsorten sind jetzt alle, die das plakat/seine aussage eh in ordnung finden, der gleichen meinung? einer reicht, golden delicious? ein essig reicht, welchen hätten wir denn gerne? ein öl, desodoriertes sonnenblumenöl, nie wieder olivenöl, kernöl, nussöl? eine käsesorte, merkt aldi jetzt, wie absurd das ist? ein brot, wie armselig! als endlösung für die fürchterlich komplexe welt des essens dann soylent, flüssignahrung aus der retorte? arme, traurige welt, schlimm genug, wer keine wahl hat, und über die ungerechte verteilung von essen muss geredet werden, darum geht es in dieser kampagne aber nicht. sich freiwillig zu beschränken, weil man vor der wahl steht und nicht weiß, wie man sich entscheiden soll? siehe punkte 1., 2., 3.
  10. einfach mehr vielfalt“ – weil’s besser schmeckt, mehr abwechslung bietet, mehr freude macht, gesünder ist (eine premiere, das wort „gesund“ in einem meiner texte!), der landwirtschaft mehr möglichkeiten, sicherheit und freude bringt, weil es ein wesentlicher faktor der biodiversität ist, deren bedeutung für die ernährung (und darüber hinaus) gar nicht hoch genug geschätzt werden kann. wer diesen slogan verwenden möchte (ein diskonter wird es eher nicht sein): ich gebe gerne meine kontonummer fürs honorar durch.

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zitrusvielfalt der österreichischen bundesgärten aus der schönbrunner zitrussammlung: alleine auf diesem tablett liegen 5 zitronen-sorten bzw. zitronen-kreuzungen.

32 Gedanken zu „einfach mehr vielfalt“

  1. Danke, danke, danke, danke, danke, danke, danke – nicht zuletzt dafür, dass Du das, was bei mir nur eine einzige große Wut provoziert, in so klare Worte fasst. Auf dass es an den richtigen Stellen Gehör (bzw. Leser) finden möge!

  2. Seit Tagen grummelt diese Werbung in meinem Kopf und ich konnte gar nicht so genau auf den Punkt bringen, was mich daran so massiv stört. Danke, dass Du das so treffend, sachlich und prägnant formuliert hast! einfach mehr vielfalt! genau!

  3. ich war vor ein paar Tagen auf einer Ausstellung zum Thema Kartoffelb (ja ist auch Kultur) es gibt 4.000 Sorten und ca. 3 bis wenns gut läuft 5 bekommt man normalerweise im Handel – zum Weinen

  4. Die Kampagne war noch gar nicht vor meinem Horizont aufgetaucht – zum Glück! Danke für die klaren Worte für mehr Vielfalt. Allerdings möchte ich einen kleinen Einspruch zu Nr. 3 erheben: Ja, Vielfalt kann überfordern. Deshalb findet der ganze Themenbereich Entrümpeln/Minimalismus ja so viel Anklang, deshalb finden ja auf der anderen Seite politische Strömungen so viel Gehör, die Komplexität zugunsten vermeintlich „einfacher Wahrheiten“ ausklammern. Mich überfordert Vielfalt in Klamottenläden, und deshalb kaufe ich am liebsten in Second-Hand-Läden: Angebotsreduktion.
    Bei Lebensmitteln habe ich das Problem nicht, denn da ist mir Vielfalt genauso wichtig wie dir. Aber ich kann nachvollziehen, dass es anderen Leuten so geht. Und ich kenne durchaus Menschen, die genau deswegen zum Discounter gehen: Weil sie da nicht vor Entscheidungsprobleme gestellt werden. Dass die Angebotsreduktion da auf Kosten der Qualität geht, nehmen sie in Kauf.
    Traurig, natürlich. Da hilft wohl nur, immer und immer wieder zu zeigen, dass Vielfalt von Lebensmitteln echten Wert hat. Da bin ich wieder ganz bei dir.

  5. Du hast natürlich in sämtlichen Punkten Recht, ganz besonders ärgert mich aber an dieser dämlichen Werbung, dass der Aldi-Kunde bei -zig Artikeln der „Qual der Wahl“ ausgesetzt ist, nur bei Zitronen will man ihm das ersparen. So ein widersprüchlicher Schwachsinn!

  6. Hallo,

    Richtig!
    Es ärgert mich schon lange, dass die Lebensmittelindustrie und der allermeiste Handel uns vorgibt, welche Sorten „gut“ sind. Bei allen Produkten werden nur „handelsorientierte“ Eigenschaften betrachtet. Obst und Gemüse das wenig empfindlich ist, Milch die lange hält und generell Produkte, die möglichst wenig wertvolle Inhaltsstoffe enthalten. Allerdings macht der Kunde das auch brav mit. In anderen Ländern ist das nicht so. Armes Deutschland.

  7. Vollkommen einverstanden mit den meisten Argumenten – aber meiner Meinung nach aus einer sehr privilegierten Position heraus betrachtet.

    Im Leben vieler Menschen findet Kulinarik und Beschäftigung mit dem Essen (über den Punkt hinaus: schmeckt mir das, ist das halbwegs gesund) nicht statt. Weil es nicht selbstverständlich ist, Zeit, Aufmerksamkeit und vor allem Geld dafür investieren zu können.

    Sicher, gerade hier in Mitteleuropa ist die Diskrepanz zwischen Wohlstand und dem Verhältnis zum Essen absurd – lieber alle 2 Jahre ’ne neue Proletenkarre und eine größere Glotze als menschenwürdige Nahrung.

    Aber viele Menschen können über diese Alternative nur lachen, denn das Einkommen reicht für keine der beiden. Meinetwegen dürfen gerne Sorten wechseln aber ich bin weder bereit noch in der Lage, für ein breitgefächertes Angebot im oberen Preisbereich bei den günstigeren Produkten Qualitätseinbußen in kauf zu nehmen oder mehr zu bezahlen.

    Es wäre schön, wären wir eine Gesellschaft, in der Narung den Wert bekommt den sie verdient (von Erzeugern und Umwelt mal ganz zu schweigen).

    Ich, und viele Millionen Menschen in Europa, können sich diesen Idealismus aber nicht leisten und werden weiterhin die dummen Schafe sein müssen, die kaufen, was ihnen vorgesetzt wird.

  8. leider haben alle recht. auch – vielleicht sogar besonders – ben.

    leisten können und leisten wollen sind zwei paar schuh einerseits, und andererseits beginnt es schon einmal dort, wo der, der nicht kochen kann, oft auch probleme hat die spreu vom weizen zu trennen, also die qualitativen unterschiede zu erkennen. und wer sich nur den allerbilligsten tee leisten kann, dem wird es ziemlich egal sein ob die zitrone dazu bio, meyer, fair trade oder sonstwas ist: hauptsache kostengünstig und haltbar oder überhaupt das konzentrat aus der plastikzitrone. daran kann man nicht rütteln. und jemandem, der sowieso schon jeden groschen umdreht, verklickern zu wollen dass die fünf zesten der fair-trade-xy-bio-zitrone unabdingbar sind für einen wirklich guten super-duper-kuchen, der hat sich noch nicht damit auseinandergesetzt dass viele leute sich das kuchen backen nicht leisten können, und schon gar nicht das backen mit bio-eiern und bio-obst. es nutzt ja nix: die haben entweder gar keinen kuchen oder fertig-zeug vom diskonter.

    was mir dabei wieder einmal aufstösst ist: es gibt so viele tolle kochbücher. bio, vegan, vegetarisch, gesund, vitaminreich, nach jahreszeiten, ländern, kontinenten, (un)verträglichkeiten sortiert.

    was ich trotz suchens noch nirgends gefunden habe ist ein kochbuch, in dem einmal wirklich billige restlküche verklickert wird: dass man z.b. das schwartl vom speck oder das fett vom geselchten durchaus nicht mitessen muss, sondern aufheben und für ein anderes gericht verwenden kann, ebenso ein stück sehr trocken gewordener dauerwurst oder käse. dabei spart man dann oft nicht nur fett, sondern auch noch gewürze. was tun mit übriggebliebenen nudeln oder erdäpfeln? wie kreiert man aus restln einen formidablen eintopf? klar schmeckt schlagobers oder sauerrahm in der sauce besser, aber z.b. für einen ein-personen-haushalt ergibt das dann eine pfeffersauce-menge, mit der man vier tage lang kämpft. man kann sich auch mit ein oder zwei becherchen ein-portions-haltbar-kaffeeobers helfen, den tipp fand ich noch nirgends. senf als saucenbasis und -binder findet viel zu wenig beachtung. und wie lange kann man eigentlich wein- oder bierreste im kühlschrank aufbewahren und dann noch zum kochen verwenden, und wofür und warum? was ist mit einer ein-personen-küche, oder muss man sich für gute und gesunde ernährung immer gegenseitig einladen, damit man nicht drei tage lang das gleiche isst, oder der tiefkühler seine kapazitätsgrenzen innerhalb von tagen erreicht? wie kann man sich da organisieren? und so weiter, die liste kann wohl endlos fortgesetzt werden.

    wenn manche leut‘ einmal begriffen haben, dass gute qualität nicht nur teurer, sondern auch sehr viel vielseitiger einsetz- und restelos verwertbar ist, dann wird das vielleicht auch was mit dem kaufen der qualitativ hochwertigen waren.

    ich meine, wer kochen kann der sucht sich aus einem kochbuch ideen, anregungen, tipps und tricks. was aber machen die, die nicht kochen gelernt haben, aus welchen gründen auch immer? für die gibt es, meiner meinung nach, viel zu wenig „hilfe“. diese aufgabe haben anno dunnemals die diversen kleinen broschüren z.b. der margarine-hersteller übernommen: einfache, schlichte rezepte die leicht nachzukochen waren. ähnliches gab es von teigwaren-, gewürz- und konservenproduzenten. da konnten die leute noch was damit anfangen. ich erinnere mich immer noch gerne an den guten alten fernsehkoch hans hofer, dem das besonders bei live-auftritten bei den diversen hausfrauennachmittagen in der provinz ein anliegen war: den leuten zeigen, mit wie wenig man eigentlich ganz viel zusammenbasteln kann, und zwar gerichte, die kostengünstig, schnell und einfach herzustellen waren und dann auch noch was gleichschauten und gut schmeckten. aber damals war das wort „lecker“ auch noch kein allgegenwärtiger garant für was-auch-immer. das hätte übrigens den hans hofer ebenso an den rand des wahnsinns getrieben wie mich, fällt mir gerade ein: „ein raffiniertes leckeres rezept mit ausgewählt leckeren zutaten für ein besonders leckeres menü, das garantiert allen lecker schmeckt.“ und im vor- und nachspann jubeln die kinder, die oma und mammi und pappi: „hmmm, lecker!“

  9. Ich mag zu diesem Thema schon gar nix mehr schreiben, bin dir daher dankbar und kann dir nur zustimmen. Die auch in manchen Kommentaren hier geäusserte Meinung, dass Vielfalt etwas mit teurem Luxus zu tun hat, lässt mich fast resignieren. Gerade saisonale und regionale Produkte sind auf Märkten, ab Hof oder über Einkaufsgemeinschaften, mit einem Stück gepachteten Land oder welchen Quellen auch immer preisgünstig zu haben. Und Einkaufen und Kochen kann man lernen, man muss nur wollen und Verantwortung für die eigene Ernährung übernehmen. Dass qualitative Vielfalt nicht leistbar ist, ist Propaganda, auf die viele reinfallen, die es am härtesten trifft.
    Ganz abgesehen davon, dass Discounter mit ihrem Preisdrücken auch Ertrag der Produzenten und die Löhne der Beschäftigten in der Produktion drücken.

  10. danke fürs große interesse und für eure kommentare. und bitte um verständnis, dass ich im moment ein bisserl länger zum antworten brauche. bin auf reha (für den rücken) und zum hauptabendprogramm bereits fix und foxi.

  11. Finde die Werbung nicht so tragisch. Es ist doch gerade die Einfachheit der USP von ALDI, das zu bewerben doch völlig ok. In manchen Belangen überfordert mich Vielfalt, in vielen Supermärkten ist Vielfalt auch nur simuliert (gleicher Wein in neuen Schläuchen, bzw. Einheitsmilch in unterschiedlich gelabelten Tetrapaks zu unterschiedlichen Preisen). Manchmal ist zu viel Auswahl ein Zeiträuber. Ich habe einen Monat lang Spezifikationen gelesen, um das für mich passende Laptop zu finden. Und ich merke keinen Unterschied zum (gecrashten) Vorgänger, um ehrlich zu sein.
    Beides ist gut: Einfachheit, um den Kunden nicht zu überfordern und die Beschränkung aufs Wesentliche. Beim Spezialisten dann Vielfalt, das sehe ich dann aber tatsächlich eher in der Nische und weniger bei einem Vollsortimentler. Sonst landet nämlich ein Großteil der Vielfalt wieder auf dem Müll. Denn hinter allem steht auch eine aufwändige Logistik und Lagerhaltung. Das wird auch gern vergessen.

  12. @eline: grundsätzlich ist das natürlich ebenso richtig wie alles andere da oben. aber: wenn jemand ganztägig arbeitet und dann noch familie hat, ist das mit den diversen verschiedenen einkaufsmöglichkeiten nicht mehr ganz so einfach, schon gar nicht wenn man nicht die notwendigen lagermöglichkeiten und ein auto hat. und ich schreibe da aus jahrzehntelanger erfahrung. dass ich für mich wege finden konnte (und das geld kein thema war) heisst aber nicht unbedingt, dass andere auch die möglichkeiten dazu haben. so fair muss man dann schon sein.

    einkaufen und kochen kann man natürlich lernen, ebenso wie ganz viele andere dinge des täglichen lebens. aber anleitungen sind da ganz oft recht praktisch. man gibt einem kind beim laufenlernen ebenso unterstützung wie man auch die richtige haltung eines bleistifts oder einer füllfeder zeigt, oder die sinnvolle benützung von essbesteck.

    in österreich gilt ein mindestlohn von ca. 1.000.– netto, die mindestsicherung beträgt für eine einzelperson 837,76. wenn man davon miete, heizung, strom, telefon, monatskarte und, nach dem rat von fachleuten, auch noch eine private pensionsvorsorge bezahlen soll, relativiert sich das interesse an selbst zu bewirtschaftenden erdäpfeläckern recht schnell. abgesehen von der miete und der notwendigkeit, die pflanzen zu pflegen stellt sich dann nämlich immer noch die frage, wie man die ernte übers jahr richtig lagern kann: in einer kleinen wohnung mit beheiztem keller z.b.. mein keller, den ich momentan gar nicht benutzen kann weil umgebaut wird, war/ist so feucht dass die probe-erdäpfel nach drei wochen schimmelten. in der wohnung ist es zu warm, und erdäpfel gehören nicht in den kühlschrank. und klar kann man aus paradeisern eine menge konserven selbermachen, aber paradeispflanzen brauchen viel wasser und pflege (muss man lernen), und wenn man was übersieht: pflanze tot, ernte 0. und wenn alles gut geht, wiederum das lagerungsproblem: wohin in einer kleinen wohnung mit all den köstlichkeiten?

    die meisten menschen haben einfach anderes kopfweh als die verschiedenen sorten von zitronen im supermarkt kaufen zu können. als ich vor sehr vielen jahren noch nix hatte, hab ich meine alten pullover aufgetrennt und meiner tochter was gestrickt. na gut, ich konnte schon damals wirklich gut stricken, auch das musste ich aber erst einmal lernen. frische bio-zitronen waren in dieser zeit allerdings nicht meine grösste sorge …

    und, mit verlaub, verschiedene zitronensorten fallen bei mir in österreich auch nicht zwingend unter regionale produkte.

    natürlich sind mir alle argumente die für eine gesunde, ausgewogene, bio usw. ernährung sprechen bekannt, aber ich kenne auch viele menschen die sich vieles auch beim besten willen und bemühen einfach tatsächlich nicht leisten können, auch wenn sie jeden groschen umdrehen. viele aber könnten und wollten, wissen aber nicht wie, und trauen sich nicht, und kennen von zuhause eben nur (halb)fertiggerichte, aus welchen gründen auch immer. und auf diese menschen sollte man einfach mehr augenmerk legen. das funktioniert übrigens auch bei nachbarn und kollegen, man muss sich nur einmal reinknien und denen vorsichtig ein beispielshäppchen nach dem anderen füttern, dann kommen die selber drauf. vehement den eigenen lebensstil präsentieren und verteidigen schafft nur neid und missgunst, oder das gefühl unfähig oder minderwertig zu sein.

  13. Eline kann ich nur zustimmen. Warum nicht mal statt Blumen ein paar Gemüsepflanzen im Garten oder auf dem Balkon anpflanzen. So kann ich auch verschiedene Sorten eines Gemüses pflanzen, reif ernten und werde mit gutem Geschmack belohnt. Warum teures Geld für Obst und Gemüse im Supermarkt ausgeben, das unreif geerntet wird, weil es lagerfähig und lange haltbar sein muß.
    Besser und kostengünstiger ist es beim lokalen Bauern direkt einzukaufen. Gleichzeitig kann ich Fragen zu seinen Produkten stellen. Im Supermarkt ist alles anonym.
    Sich an den Herd stellen, mit guten Produkten einfach kochen, was begehrt das Herz mehr

  14. ach Katha, ich liebe deine Leidenschaft fürs gute Essen und vor allem für Bio(diversität) und für Zitronen. Und ich stimme dir den Punkten 1-5 und 9 und 10 vollstens zu.
    zu Punkt 6.) Einspruch Euer Gnaden. Das Gemüse beim Hofer schaut nie so derletschert aus, wie bei so manchen Billa oder Spar. Ich kaufe viel beim Hofer und ja auch gerne.
    zu Punkt 7.) ich hoffe die Sortensensiblität setzt sich durch. Vor allem hoffe ich auf eine Kampagne für den Gravensteinerapfel – dich anstups. Der wird einfach zu unterbewertet. Beim Hofer wird auch bei den Feigen die Sorte angegeben.
    zu Punkt 8.) ich glaube, die sind nicht mal so fixiert auf Meyerzitronen wie unsereiner ;-) und es wird ihnen eher entgangen sein. Ich glaube in meinem Bekanntenkreis ist sie auch unbekannt.

    ich verstehe Bens Sichtweise vollkommen, dass nicht jederzeit hat mit beispielsweise quengelnden Kinder in Ruhe alle Geschäfte abzuklappern.
    und gerade heute war ich auch am Markt bei mir ums Eck und wollte was und es hat mich einfach nur geärgert, dass das was ich wollte es dort nicht gab bzw. am andern Standl schiach war.

    Trotzdem beim genaueren hinsehen ist es nur ein Sturm im Wasserglas, ein Diskonter wird niemals so speziell werden, wie es für Genießer wie uns notwendig ist. Wobei ich da weit pragmatischer bin wie du. ;-) und deswegen hab ich auch darüber gebloggt. https://weltbeobachterin.wordpress.com/2016/09/23/zur-verteidigung-von-hofer-bzw-aldi/

  15. Werbung halt ,die blöden Konsumenten schlucken was die Industrie ihnen vorgibt…Anstatt sich ein Stückle zu pachten und für praktisch 0€ im Jahr etwas essbares anzupflanzen anstatt sich über hohe Preise für ne Fertigpizza zu ereifern die sich arme Leute nicht leisten können -Convenience Food ist nix für Arme und genausowenig für Reiche ausser natürlich denen die den Profit einstreichen ….ich hab dann fertig.

  16. es nutzt aber trotzdem nix: selber anpflanzen, jo eh. ich habe keinen balkon, ich habe keinen garten. die nächste möglichkeit, was anzupflanzen, wäre mit einer öffi-anfahrt von 1 stunde plus fussweg von 30 minuten möglich. wasser muss man dort zum giessen in der kanne tragen. ich bin über 60, hab eine massive sonnenallergie und darf nicht mehr als 5 kg tragen. und knien oder länger bücken darf ich auch nicht.

    als ich noch jung und gesund war, und alleinerziehende vollberufstätige mutter, da hatte ich ebenfalls weder balkon noch garten, wochenenden waren reserviert für die diversen hausarbeiten und beschäftigung mit kind: von montag bis freitag 08.00 bis 17.30/18.00 uhr kindergarten/schule/hort. das deckte sich in ungefähr mit den öffnungszeiten der diversen geschäfte. einkaufen: samstag vormittag, mit kind natürlich, da mussten supermarkt und bauernmarkt und diverse andere geschäfte sorgsam durchorganisiert werden …

    als ich dann das alles hinter mir hatte, und die supermärkte früher auf- und später zusperrten, und ich immer noch gerne am markt einkaufte, da blieb ebenfalls nur der samstagvormittag. weil die firma in der zwischenzeit ans andere ende der stadt übersiedelt war, das hiess: um acht aus dem haus, um sieben zu haus. allerdings am freitag schon um drei zu haus, aber da sind im alter dann so sachen wie arztbesuche, man kann nicht mehr so viel schleppen, und so weiter.

    und das geld war noch gar nicht das problem, auch nicht die kenntnis um all die positiven seiten von bio, regional, saisonal, usw. es kam nur schlicht darauf raus, dass ich die freie zeit am freitag nachmittag und am samstag auf so sachen wie einkaufen und diverse erledigungen verbrauchte. und das als alleinstehende person.

    ich versuche nicht, hier was schlecht zu machen, aber: solange man jung und gesund ist, und nicht alleine ist, und möglicherweise die ganze familie interessen an all den o.a. aktivitäten hat, ist das möglicherweise ein spass für die ganze familie. fast alle menschen in meinem bekanntenkreis, die schon einmal selber so ein stückerl acker bepflanzt haben, sind davon wieder abgekommen weil es einfach zu mühsam und zeitintensiv war. jeder fand: ein tolles experiment, wunderbare erfahrungen, aber …

    es klingt immer viel einfacher als es dann in echt und in farbe ist. und darum wird, wenn sich nicht grundlegend an der einstellung der gesellschaft was ändert, manches einfach immer luxus sein, denn sich nur privilegierte leisten können. so ist das nun einmal.

  17. Katha, danke für Dein unermüdliches Einstehen* und Einsetzen* für Wert-volles Essen; und der Wert geht ja weit über die Lebensmittel-Ebene hinaus, wie Du eh schreibst.

    Zum Glück gibt es so starke Stimmen wie Dich, Danke!

    Das Gejammere, dass das „nur Privilegierte sich leisten können“, achtsam zu sein in ihrer Ernährung, ist mir wirklich schon zu dumm; wenn es Mal für Mal und über Jahre hin wiedergekaut wird, macht es das nicht wahrer.

    Und ja, bio ist nicht gleich bio, und beim Bauern/ Gärtner seines Vertrauens einkaufen können ist sicher noch besser, aber immerhin haben die Diskonter ihr Angebot an Bio-Ware nicht einfach von selbst in ihre Läden gestellt, sonder reagiert – auf immer mehr wachsenden Bedarf auf Kundenseite.
    Auch deshalb ist das Aufzeigen und Sensibilisieren und Fordern so wichtig, unermüdlich.

    Ich hab schon so vieles von Dir gelernt, Katha!
    Auf der Ebene des Weltgeschehens mag die Frage, ob diese oder jene Zitronensorte, wie frivoler Luxus erscheinen.
    Ganz persönlich hat das Kennenlernen der Meyerzitrone und des gesamten Zitrus-Universums durch Dich meinen Freuden-Horizont viel reicher gemacht.
    Die Vermehrung der Empfänglichkeit für sinnliche Erlebnisse, das staunende Wahrnehmen der Vielfalt in diesem Bereich, der unterschiedlichen Texturen, Geschmäcker, Farben und Düfte hat mich reicher gemacht. Und froher.

    Danke!!

    * Und alles Gute für Deinen Rücken!

  18. Vielfalt ist kein Luxus. In Zeiten des Klimawandels brauchen wir eine breite Sortenvielfalt zum Überleben aller Menschen. Monsanto und Bayer interessieren sich wie Aldi nur für den Profit.

    Schaut Euch mal bei den Urbanen Gärten um, die es in fast jeder Stadt gibt. Für Mitarbeit kann sich jeder dort Vielfalt leisten.

    Meine Tomatenvielfalt gedeiht übrigens in großen Blumentöpfen und auf einer Baumscheibe. Meine Apfelvielfalt wächst auf Streuobstwiesen heran, die mir nicht gehören.

    Sagt nicht immer, ich kann nichts tun. Tut einfach eine kleinen Schritt Gruß Dorothee

  19. @kelef
    Was tun Leute, die nicht kochen können?
    Na, es lernen! Zumindestens in Deutschland, aber ich bin sicher auch in Österreich, gibt es Kochkurse an Volkshochschulen, die sind nicht teuer.
    Man kann sich auch mit Freunden zum Kochen treffen, die das können. Da lernt man es schnell. Oder seine Eltern/Großeltern etc beim Kochen beobachten.

    Beim deutschen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gibt es die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ gegen Lebensmittelverschwendung. Auf der gleichnamigen Website findet man auch Rezepte für Resteverwertung.
    Und beim Googlen des Wortes „Resteküche“ springen einem solche Rezepte auch gleich entgegen.
    Gibt man bei amazon das gleiche Wort ein, findet man die entsprechenden Kochbücher.

    Das ist alles nicht so schwierig. Und dann gibt es nur noch eins: die eigenen Kinder (so man welche hat) mit in die Küche nehmen, notfalls zu einem Kinderkochkurs anmelden, damit es ihnen später nicht auch so geht.

    Wenn eine Gesellschaft verlernt, ihre Nahrung selber zuzubereiten, dann ist das ein beängstigendes Signal. Einfaches Essen kochen ist keine Hexerei. Es ist weder teuer noch aufwändig.

    Ich bin gerade ganz glücklich, wie viele Menschen es gibt, die diese Aldi-Kampagne unerträglich finden. Jeden Tag fahre ich an diesem Kind vorbei, das „einfach nur Spaghetti“ isst und frage mich, wie viele Menschen um mich rum das wohl toll finden. Vermutlich, weil sie nicht kochen können und meinen, zwischen „einfach nur Spaghetti“ und „rechtsdrehender Himalaya-Pasta“ gibt es nichts weiter.
    Eine der erbärmlichsten Werbekampagnen, die mir in diesem Jahr aufgefallen ist.
    Danke für diesen Artikel hier.

  20. Liebe Katharina, Du sprichst mir aus der Seele, herzlichen Dank für Deine Streitschrift. Eine solche ist es für mich und sie ist so was von wahr und nötig! Danke! Nun habe ich eine ganz und gar eigennützige und praktische Frage an Dich und die hiesigen Freunde der Vielfalt: Wer kann mir helfen eine Bezugsquelle für Meyer-Zitronen und weitere Zitrus-Sorten zu finden? Ehe unser, in Italien jüngst gepflanztes, Bäumchen trägt wird es ein wenig dauern… Wer kann helfen? Meine Recherchen im Netz sind bislang ergebnislos verlaufen. Danke für ein Feedback, ich würde mich sehr freuen. Liebe Grüße aus Hamburg, Stef

  21. was mir aufgefallen ist, ist vor allem bei mir zuhause, dass man einfach zu wenig lust und manchmal auch zeit hat sich sein essen selbst zu machen. Oft macht man einfache sachen dann jeden tag und die vielfalt geht verschwunden.und was das mit dem zitronen angeht, nun ja also ich gebe dir da recht!

  22. Ich habe mich jetzt wirklich sehr, sehr lange damit „aufgehalten“ zunächste deine Entgegnung und dann die vielen, vielen Kommentare durchzulesen. Wirklich sehr interessante Standpunkte, wobei ich v.a. dem Kommenar von Ben beipflichten möchte: Vielfalt ist wunderbar, wenn man es sich denn leisten kann!
    Danke für die informativen und interessanten „Stunden“! Liebe Grüße, Ina

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