ausgezogen?

strudelteig ist ein wort, das viele ehrfurchtsvoll leise sprechen lässt. um seine herstellung ranken sich legenden und besserwissereien, obwohl er nur aus mehl, öl und wasser besteht: nur spezielles mehl von der sowiesomühle „funktioniere“. das wasser dürfe bloss nicht zu kalt sein. wehe, wenn er zu kurz gerastet habe. man müsse die zeitung durch ihn durch lesen können! er lasse sich nur über omas resopaltischplatte ausziehen.

die meisten haben sich gar nicht erst auf ihn eingelassen, sondern kaufen ihn fertig. keine schlechte idee, aber:

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das, was joachim gradwohl (siehe gestern und vor einer woche), in den händen hat, ist kein leintuch, sondern strudelteig!

seidig, hauchdünn, ohne ein winziges löchlein.

wie geht das, herr gradwohl? und welches mehl nehmen sie dafür?

„es ist völlig wurscht, welches mehl sie nehmen.“ (daraufhin muss ich ziemlich verdattert dreinschauen, habe ich doch eine genaue typenzahl samt mühle und den schwur darauf erwartet.)

„ich nehme einfach mehl, zwei löffel öl und wasser, bis er gut ist.“ (mhm. wieviel mehl, kann ich nicht in erfahrung bringen. gradwohl hat ausser schulterzucken keine antwort für mich. offenbar ist strudelteig machen so eine routinearbeit wie karotten schälen.)

und wann ist er gut?

„er darf nicht zu fest sein. greifen’s den da drüben einfach an, da liegt noch einer.“ (das mache ich. er ist viel weicher als nudelteig, fester als germteig und ich beginne mich zu erinnern, dass ich strudelteig vor gut 15 jahren schon ein paar mal gemacht habe. damals hatte ich noch keine ehrfurcht vor teigen, weder vor blätter- noch vor plunder- oder strudelteig.)

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rasten muss der strudelteig mindestens eine halbe stunde, sonst lässt er sich nicht ausziehen. gradwohl rollt ihn pizzagross aus, zupft dann zweimal rundherum den rand (damit er später nicht zu dick ist) und dann das:

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ausgezogen wird da gar niemand. nach nicht einmal einer minute ist aus der strudelteigscheibe ein grosser fleck teig geworden.

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gradwohl besprenkelt ihn mit flüssiger butter, die er danach mit den handflächen verstreicht. pinsel? viel zu umständlich.

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die topfenfülle schmeckt gut. norbert niederkofler plagt sich derweil mit der zu kalten mohnfülle – da helfen auch die sterne nicht.

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der topfenmohnstrudel wurde gekocht (böhmisch), mit flüssiger butter beträufelt, mit mohn-staubzucker-gemisch (wie bei germknödeln) bestreut und mit rhabarber und mispeln angerichtet:

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ich hätte nicht gedacht, dass gekochter topfenstrudel mit mohnzuckerbutter und mispeln so gut schmecken kann. ein bisschen wie heimkommen.

das rezept für die topfenfülle:

80 gramm weiche butter mit 70 gramm staubzucker und drei eiern schaumig rühren, mit 400 gramm ausgedrücktem (trockenem) topfen, 100 g weissbrotbröseln und der abgeriebenen schale einer zitrone vermischen.

für die mohnfülle gibt’s leider kein gradwohl-rezept, ich würde sie aus frisch gemahlenem mohn zubereiten, den ich mit milch, honig und einer prise zimt aufkoche.

die mispeln wurden mit orangensaft und orangenlikör aufgekocht und durften danach ausgiebig durchziehen.

wer’s trotz der rudimentären angaben ausprobiert, verdient respekt. nicht wegen des strudelteiges – der ist ja das einfachste daran.

3 Gedanken zu „ausgezogen?“

  1. na wir werden den machen und ausprobieren und dokumentieren und dann können alle darüber schmunzeln…(es bleibt ja mittlerweile nichts der öffentlichkeit vorenthalten ;-))

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