ernsthaft japanisch

welches denn mein lieblingslokal in wien sei, werde ich immer wieder gefragt. ich winde mich dann üblicherweise und nenne gar keines, weil es da einen ganzen haufen gibt – und dem lokal, das ich zuerst nennen würde, ungefragt zu viel bedeutung zukommen würde.

heute nachmittag hatte ich furchtbare lust auf japanisches essen, irgendwas mit miso und gebratenem fisch und sauer und die zeit verging, der hunger wurde grösser, die lust aufs kochen geringer, draussen war es plötzlich dunkel und dann habe ich für mich alleine (der webmeister hat ganz berlin zum essen gehen) einen tisch im en reserviert. das en kenne ich schon seit vielen jahren, und ich bin alle paar monate dort, weil ich dessen schlichte ernsthaftigkeit so mag, weil es spartanisch eingerichtet ist, für mich sehr authentisch wirkt, ohne dabei schwellenangst zu erzeugen.

nachdem ich jedesmal meine kamera vergesse (warum eigentlich?), wenn ich in dieses lokal gehe (das neuerdings eine haube hat, wurde zeit), habe ich auch heute keine bildliche unterstützung anzubieten. (das ist übrigens der grund, warum ich hier noch nie übers en geschrieben habe.)

zum trinken muss ich genmaicha bestellen (grüner tee mit geröstetem reis, ich kriege hunger, wenn ich nur an diese geschmackskombination denke). dann muss ich die gesamte karte – die ich eh schon so gut kenne – aus reiner lust von vorne bis hinten lesen, um üblicherweise ziemlich viel sushi (makrele muss dabei sein), maki, tempura und im sommer kalte weizennudeln zu bestellen. heute nicht. ich ass: eiskalten blattspinat mit bonito-flocken (der spinat war nur ganz kurz gedämpft – ich hatte das gefühl, dass alle im raum meine kaugeräusche hören konnten, zumindest der herr am nachbartisch, der aber zum glück in die lektüre des jubiläums-datums vertieft war, dumm, dass ich genau davor mein abo gekündigt hatte, jetzt muss ich mir das wohl extra kaufen), misosuppe (die hier wirklich gut ist, nicht überwürzt, feine wölkchen, seidentofu, nicht zu viele wakame), reisschale mit gegrilltem aal (unadon) und eingelegtem gemüse (alleine die eckige lackbox mit deckel kann mich schon entzücken, und das wissen, dass drinnen genau passend gegrillter, braunglänzender aal auf reis liegt, der so saftig und weich und – okay – fett und würzig und süss und einfach perfekt schmeckt) und dann kommt noch der obligate en-salat, knackig, mit viel sesam und relativ sauer, herrlich. und ein paar avocadomaki als nachspeise, ich gestehe. die dinger sind hier so blödsinnig gut, dass ich sie immer essen muss. egal, was ich davor gegessen habe. ich weiss, dass es an der japanischen mayonnaise liegt, die man eh im asialaden bekommt, aber so was will ich gar nicht zuhause haben. nur im en essen.

die kellnerin hat bei meiner heutigen bestellung kurz verwundert die augenbraue hochgezogen, was ich als anerkennung für meine wilde wahl interpretiere. da sie ab dem moment besonders um mein wohlergehen bemüht war, muss ich irgendwas richtig gemacht haben.

was ich bei sushi übrigens nicht leiden kann, ist, wenn sie schon vorbereitet sind und womöglich auch noch kühl stehen. sushireis darf nie und nimmer kühl, schon gar nicht kalt sein. und fertige maki sind sowieso verboten, weil die noriblätter zäh und unkaubar werden. im en wachen zwei – ernsthafte, was sonst? – meister über sushi, maki, sashimi, und wenn die bar nicht genau beim eingang wäre, wo es jetzt im winter furchtbar kalt hereinkommt, würde ich mich am liebsten einen abend lang dorthin setzen und den männern bei der arbeit zusehen.

wie überhaupt es mein (bisher geheimer) traum ist, köchen und köchinnen überall auf der welt (ich würde in asien oder oberösterreich anfangen) bei der arbeit zuschauen, ihnen fragen stellen und mit ihnen gemeinsam ihre gerichte verkosten zu dürfen – und daraus eine buchreihe zu machen, die von der verbindenden und befriedenden kraft der küche erzählt. bisher habe ich bloss noch niemanden gefunden, der/die mir das finanziert. leider.

restaurant en
werdertorgasse 8
1010 wien
mo-sa 11.30 bis 14.30 und 17.30 bis 22.30
reservierung ratsam
www.restaurant-en.at (die website ist leider veraltet und die speisekarte stimmt nicht mehr, für einen ersten eindruck reicht’s)

3 Gedanken zu „ernsthaft japanisch“

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