nicht wurst

bratwurst labonca

das ist nicht irgendeine wurst (und nicht irgendein püree und irgendwelche rotweinzwiebeln, aber um die geht’s nicht), sondern eine bratwurst vom sonnenschwein. die viecher vom steirischen biohof labonca bleiben 14 monate durchgehend auf der weide, werden hausgeschlachtet und dementsprechend gut schmeckt das fleisch.

ich nehme mir seit jahren vor, in der gastronomie konsequent nachzufragen, woher das fleisch stammt und unter welchen bedingungen es produziert wurde. und ich ärgere mich seit jahren masslos über mich selbst, wie inkonsequent ich darin bin. wahrscheinlich aus angst, nach der antwort nach vegetarischen gerichten auf der karte ausschau halten zu müssen. und alle die gerne gut essen wissen, wie selten es erstklassige vegetarische gerichte gibt. leider. das dürfte mich aber nicht vom fragen abhalten, denn: für die verwendung in unserer küche kaufe ich nur fleisch aus biologischer tierhaltung aus dem inland, am liebsten von sonnberg biofleisch oder auch von ja! natürlich. unter keinen umständen kommen mir konventionelles fleisch oder konventionelle wurstwaren ins wagerl, schon seit vielen jahren nicht mehr. was die tierhaltung betrifft, ist biologische landwirtschaft die bessere wahl. daran zweifeln nicht mal mehr die heftigsten bio-kritiker und -kritikerinnen. bei einem produkt bin ich allerdings inkonsequent: ungarische salami von pick, weil das ein geschmack aus meiner kindheit ist, den ich nicht missen möchte, vor allem zu einem feiertäglichen frühstück mit briochekipferln. aber die gibt’s nur ein paar mal im jahr.

weil ich gerade das buch gewissens-bissen: tierethik und esskulturir?t=esskulturat 21&l=as2&o=3&a=3706624206 lese (mehr darüber demnächst): ich möchte nicht dazu gezwungen werden (und das wird auch nicht passieren), vegetarierin zu werden, auch wenn es aus ökologischen und ethischen gründen das einzig richtige wäre (konsequenterweise müsste veganismus das ziel sein, wenn man sich nur einmal überlegt, wie und mit welchen folgen eier- und milchproduktion im grossen stil ablaufen). aber wenn ich schon fleisch esse, dann darf ich nicht so tun, als wüsste ich nicht bescheid, wie es üblicherweise hergestellt wird.

im übrigen finde ich es skandalös, dass die neuen erkenntnisse über den besseren umgang mit tieren bei der schlachtung* nicht verpflichtend für alle betriebe sind. nicht einmal biobetriebe schlachten anders – es gibt beim letzten gang der tiere keinerlei unterschied! ausnahme: hausschlachtungen wie die vom biohof labonca.

es kann doch nicht wahr sein, dass es nur ein paar leute stört (und selbst mich dank selektiver wahrnehmung nicht immer, weil ich sonst meinen beruf nicht mehr ausüben könnte), wie die tiere leben und sterben, die (oder deren produkte) sie essen. was ist mit jenen gourmets, feinschmeckerinnen & feinschmeckern und hobbyköchinnen & hobbyköchen, denen qualität bei lebensmitteln angeblich so wichtig ist? die für eine flasche wein oder olivenöl zig bis hunderte euro auszugeben bereit sind, denen aber völlig egal ist, wie das rind für ihr steak gelebt hat, wie die hühner für die eier (das eipulver oder flüssigei) in ihrem dessert gehalten wurden und unter welchen bedingungen die schweine lebten, von denen der speck auf dem brot, dem salat oder in einer der vielen saucen stammt. von milch, obers, butter, joghurt, käse und anderen milchprodukten, die die meisten von uns täglich essen, rede ich noch gar nicht. denn dann wird’s nämlich wirklich kompliziert mit dem essen. und damit meine ich neben den einkäufen für zuhause nicht nur gasthäuser und restaurants, sondern genauso bäckereien, supermärkte und feinkostläden, in denen wir uns ein schnelles weckerl mit schinken, ei, mayonnaise oder „eh nur“ käse kaufen.

ps: synchronizität (fällt mir in letzter zeit verdächtig oft auf): während ich diesen beitrag hier zum x-ten mal korrektur lese, sagt mir mein feedreader, dass gerade ein artikel mit dem titel „saying no thanks to meat that’s not humanely raised“ auf culinate erschienen ist. das gefällt mir. vor allem die idee mit der visitenkarte.

*leider gibt’s den tagungsband zur 14. freilandtagung über den „grenzgang nutztierhaltung“ nicht online. darin sind nämlich drei meiner meinung nach extrem wichtige artikel zum thema schlachtung zu lesen. eine kurze zusammenfassung gibt’s hier (letzter absatz, zwischentitel „schlachthof“) vom vgt (verein gegen tierfabriken). der tagungsband kann hier bei bio austria für 10 euro bestellt werden.

update vom 11. jänner: auch kollege severin corti greift im wochenend-standard das thema schlachten auf, weil im gut purbach am 31. jänner ein sautanz (pdf) veranstaltet wird. ob das tier dann erst geschlachtet wird oder schon tot ist, kann ich aus der ankündigung allerdings nicht erkennen.

21 Gedanken zu „nicht wurst“

  1. manchmal ist es wohl besser, man weiss nicht, wo die Viecher herkommen und was mit denen passiert…..

    Ich habe hier einen sehr guten Metzger, der arbeitet seit Jahren direkt mit den Rinderzüchtern zusammen, da steht dann fast auf dem Fleischstück: Rind Oscar…

  2. Du sprichst ein Thema an, worüber ich auch schon schreiben wollte.
    Zur Schlachtung wäre noch zu erwähnen, dass auf Grund der österr. Gesetzeslage, Lebendvieh importiert wird (etwas was ich abgrundtief ablehne) und das dann nach „Veredelung“ sprich Zerteilung plötzlich zu österreichischem Vieh wird. Das AMA Gütesiegel garantiert, dass das Fleisch auch in Österreich aufgezogen wurde. Allerdings dürfte es um zu diesem Siegel zu kommen, so derartige dumme Bürokratiehügel zu erzwingen sein, dass es viele Unternehmer gibt, die dieses Siegel nicht beantragen. Auf jeden Fall gehört unbedingt eine Adaption des Gesetzes her. Als österr. Fleisch darf nur das bezeichnet werden, das in unserem Land geboren und gezogen wurde!

    Das leidige Fleisch …. und der Einkauf dazu.
    Mir wäre es schon wichtig, wenn das Fleisch, das ich aussuche, nach meinen Wunschkriterien gezogen wurde und auch schmeckt! In einem Lokal habe ich ehrlich gesagt noch nie nachgefragt, von wo das Stück Fleisch kommt, werde ich aber tun und davon berichten, wie es aufgenommen wurde. Ich fände es aber sehr begrüßenswert, wenn Gastronomen im Appendix ihrer Speisekarte, ihre Lieferanten bekanntgeben würden. Das würde die heimischen Bauern unterstützen und außderdem im Konsumenten ein Qualitätsbewusstsein hervorrufen!

    Feiertage: Kaufe Kalbsnierenbraten von ja!natürlich. Ich packe den Braten aus, mich trifft der Schlag! Der Braten gerollt, wie man so nicht mit Lebensmittel umgehen darf – lieblos und nicht Halt gebend (dabei bewirbt Merkur „von Hand gerollt“ – das kann er sich wirklich sparen). Das Fleisch wurde nicht von der Schulter verwendet, sondern stellte sich als flachsiges Schlussstück von der Brust (Wammerl) heraus. Die Niere zwar zerteilt, aber in der Mitte waren noch die Harnstränge zu finden. Wäre kein Feiertag gewesen, ich hätte dem anonym-Fleischhauer das Fleischstück um die Ohren geworfen. Das ist eine Frechheit! Passiert aber auch deshalb, weil viele Konsumenten gar nicht mehr wissen, wie das Fleischstück ausschauen soll.
    Das Drama dabei ist ja auch, dass Fleischhauer leider im Aussterben begriffen sind.
    Ich habe jetzt einen sehr guten (durch Zufall) auf der Klosterneuburger Straße gefunden. Mein Rindfleisch kaufe ich sehr gerne am Kutschkermarkt beim „Bauer“ ein, der im Weinviertel Galloway Rinder züchtet. Radatz hat auch sehr gute Mostviertler Schweindln, die er nur Mittwochs geliefert bekommt. Warum diese Firma skandalträchtig war, verstehe ich nicht, denn die Fleischqualität finde ich wesentlich besser, als das hingenudelte ja! Fleisch von Billa und Merkur.
    Für Hühner habe ich noch keine gute Adresse gefunden, bzw. wurde mir noch nicht gesteckt.

  3. Danke für diesen wunderbaren Artikel und für das Aufgreifen von diesem Thema!

    Ich glaube, da muss man nicht mehr viel dazu sagen. Auch ich kaufe meine Wurst nur bei Metzgern von denen ich genau weiß, dass das dort verarbeite Fleisch von Tieren kommt, denen es bis zum Schlachttag gut gegangen ist und die wie Lebewesen behandelt wurden und nicht wie irgendwelche leblosen Konsumgüter.

    Beste Grüße,
    Prof. Wurst

    PS: Das Foto macht richtig hungrig…

  4. der meinung will ich nicht mehr sein, bolli. und das mit dem fleischer, der die viecher beim namen kennt: ja, aber das heisst trotzdem nicht, dass ihnen z. b. der stress beim schlachten halbwegs erspart wurde. leider.

    danke für deine ausführlichen gedanken, ente! ich habe mit ja! natürlich fleisch sowohl negative (rindfleisch vor dem mhd säuerlich bis ungeniessbar) als auch sehr positive (hervorragende qualität von beiried, steaks aus dem englischen, aber auch z. b. lammrücken) gemacht. bei sonnberg (maran landstrasser hauptstrasse) gab’s allerdings noch nie grund zur beanstandung. was die nennung der produzent/inn/en in der speisekarte betrifft: das wäre das absolute minimum. und wann werden endlich die zusatzstoffe so wie in deutschland genannt? der galloway-züchter am kutschkermarkt klingt interessant, hast du da einen namen? schlachtet der auch selbst? bei radatz bin ich skeptisch, auch wenn diese mostviertler schweindln wahrscheinlich von guter qualität sind. das ist einfach auch ein riesenbetrieb der viel blödsinn macht (auch für die handelsketten). mit den hendln habe ich sowohl bei sonnberg als auch denen von ja! natürlich gute erfahrungen.

    und da muss ich widersprechen, prof. wurst, ich glaube, dass man zum thema fleischqualität und vor allem tierhaltung noch nicht einmal angefangen hat, die wirklich wichtigen dinge zu sagen! oder habe ich sie da falls verstanden? ansonsten bin ich ihrer meinung. ist das thema bio-wurst eins für sie? dann sollten sie labonca besuchen.

  5. Vom Sonnenschwein. Das kenne ich auch. Ich habe das auch einmal probiert und mir wurde das vorher auch gesagt, dass es ein Sonnenschwein ist, aber ich finde, dass man keinen Unterschied schmeckt zu einem normalen Schwein. Kann auch sein, dass ich das nur nicht schmecke und andere schon, aber für mich gibt es keinen Unterschied.

    Ich kann nur sagen, dass es gut schmeckt und vor allem mit Sauerkraut ist es echt lecker. Dazu vielleicht noch ein kaltes Bier und die Sache ist für mich schon zufriedenstellend.

  6. Du sprichst mir aus der Seele. Habe selber schon mal einen Beitrag zu diesem Thema auf meinem Weblog veröffentlicht (http://www.bio-leben.at/2008/10/07/beim-restaurant-besuch-hoert-sich-das-bio-leben-auf). Auf wenns mir im Herzen weh tut, aber beim Essen im Restaurant muss man einfach mal kurzzeitig das Hirn ausschalten und sprichwörtlich essen, was auf den Tisch kommt. Ich traue mich mal zu sagen, dass es den meisten Köchen egal ist, woher das Fleisch kommt, sofern es eine für sie gute Koch-Qualität hat. Traurig, aber ich traue mich mal zu sagen, Standard. Hatte erst vor kurzem beim letzten Restaurant-Besuch ein Gespräch mit meiner Frau über dieses Thema, hierbei gings aber um die Fertigprodukte, die in der Gastronomie eingesetzt werden. Schau mal Rach, der Restauranttester, dann weißt du, was so auf den Tisch kommt. Da will man gut essen gehen und bekommt dann im Lokal ein schlechteres Essen als zu Hause, wo man genau weiß, was im Essen drinnen ist und vielleicht sogar auf Bio-Qualität geschaut hat. Nur was hilfts, kein Fleisch zu essen? Was glaubst, wo im Winter das ganze Gemüse herkommt? Sicher nicht aus Österreich. Und ist es da besser, gespritzte, Pestizid-belastete Tomaten und Gurken aus Spanien zu essen? Denn eines ist sicher, Bio bekommt man in Restaurants sicher nicht – außer vielleicht in ganz wenigen, ausgewählten und extra ausgewiesenen. Es ist also auf deutsch „gehupft wie gehatscht“ was man isst, wenn man mal ausgeht.

  7. Galloway Rinder – der Bauer heißt „Bauer“ und kommt aus Grund. Von Wien kommend auf der Hauptstraße, linken Seite. ;)
    Ob er selbst schlachtet, weiß ich jetzt nicht. Wobei ich dachte, das ist in Österreich nicht erlaubt, selbst zu schlachten und zu vertreiben. Selbst darf nur für den eigenen Bedarf geschlachtet werden, oder?

  8. Ein guter Artikel. Danke dafür.

    Es gibt bei Restaurants schon manchmal Hinweise auf die Herkunft des Fleisches oder anderer Produkte. Bei Landgasthöfen ist mir das schon öfter aufgefallen. Zuletzt beim wiedereröffneten Georgenhof in München.

    Wenn jeder seltener Fleisch essen würde, hätten wir weniger Probleme auf der Welt. Leider will das kaum jemand hören. Es ist einfacher den Leuten das Rauchen auszureden, als das viele Fleischessen. Darum geht es weiter mit dem Leid der Tiere und dem Hunger in der Welt. Vom vermehrten CO2-Ausstoss ganz zu schweigen. Die Zusammenhänge werden auch viel zu wenig vermittelt.

  9. Es gibt doch diesen kruden Spruch: „Viel fress, viel scheiss“. Heute wäre es passender zu sagen: „Viel fress, viel Stress!“ Das ist doch die eigentliche Krux unserer Zeit und Gesellschaft. Essen löst Stress aus. Dabei sollte doch Essgenuss genau das Gegenteil sein: Entspannung.

    Aber wie soll man sich und sein Gewissen entspannen in so einem undurchsichtigen Überfluss? Die Leute leben unter einem nicht zu unterschätzenden Dauerstress, dass sie zu viel, zu wenig oder das Falsche essen.

    Ich war jahrelang Vegetarier, weil ich die Deklarationslücke und die Qualität der Fleischproduktion nicht mehr hinnehmen wollte. Bis mir ein befreundeter Osteopath konsterniert mitteilte, das tut dir nicht gut, du leidest darunter kein Fleisch essen zu dürfen (Restaurantbesuche, Einladungen und Einkäufe waren keine Freude mehr, weil vegetarische Gerichte grauslig und die Fleischherkunft dubios waren). Er gab mir den Rat, sanft aber bewusst zurückzufinden zu einer Balance, die sowohl meinem Körper als auch meiner Seele (dem Gewissen) gut tut. Das habe ich befolgt und bin heute zufriedener als in der Zeit des selbsterzwungenen Vegetarismus.

    Es ist wie mit allem: Die Verhältnismässigkeit muss stimmen. Einen „natürlichen“ Bezug zum Essen bekommen wir in unserem berufstätigen, urbanen Leben doch gar nicht mehr hin, machen wir uns nichts vor. Da müssten wir komplett aussteigen und selber Landwirten (was ich dir eines Tages zwar durchaus zutrauen würde, Katha!) Aber ob unsere romantische Vorstellung vom Ursprünglichen und Reinen wirklich so kompromisslos umsetzbar wäre? Ich bezweifle es. Jeder Schritt hat Konsequenzen.

    Bis dahin teile ich deine Einstellung, aber man muss auch mal eine fünf gerade stehen lassen können, sonst machst du dich kaputt. Denn beim Essen ist ja nicht Schluss, da wäre noch deine Ökobilanz, die Kleidung, das Holz, das Geld, die Reisen, das Papier, der Regenwald … Wir sind keine Superhelden – aber wir arbeiten daran.

    Liebste Grüsse und ein schönes Wochenende!
    Claudio

  10. das hast du ja glück gehabt, thomas. für mich sind das allerdings zwei dinge: das eine spielt sich im kopf ab und ist der umgang mit lebensmitteln im allgemeinen und tieren im besonderen. ganz egal, ob ich es schmecke oder nicht, ich würde da gerne beim einkauf ein gewisses qualitätsniveau nicht unterschreiten, was aber oft gar nicht so einfach ist. das andere ist der geschmack, den du garantiert im direkten vergleich unterscheiden könntest. nicht nur leute wie wir kulinarikjournalistinnen und -journalisten, die beruflich sehr viel essen, sondern alle, die nicht gerade verkühlt sind.

    willkommen, chris, habe dein blog gerade vor ein paar tagen entdeckt, soviel zum thema synchronizität…
    ich brauche keine restaurantkritik-sendungen im fernsehen anzuschauen, ich komme ja aus derselben branche. deswegen (weil ich viel darüber weiss), macht es mir ja immer mehr probleme.
    im übrigen bin ich weder der meinung, dass man beim restaurant-besuch das hirn ausschalten sollte – im gegenteil! – noch, dass alles gemüse im winter aus dem ausland kommt und pestizidbelastet ist. als jahrzehntelange bio-konsumentin, die auch die produzent/inn/en-seite kennt, weiss ich gut bescheid über das, was saison hat und woher es kommt. das heisst nicht, dass ich im winter immer nur wurzeln esse, aber auch.

    ich habe mal kurz versucht, das mit dem schlachten nach österreichischem recht zu recherchieren, liebe ente, und ich war entsetzt, wie schwierig es ist, vernünftige informationen zu finden. jedenfalls scheinen hausschlachtungen bei rindern tatsächlich nicht (mehr) erlaubt zu sein, bei schweinen dagegen schon. ich bleibe aber sowieso an dem thema dran. fleischer müssen in der nähe des wohnortes sein, sonst wird’s mühsam. vielleicht schaue ich mir den galloway-bauern mal an, aber selbst dann wird’s für mich keine regelmässige bezugsquelle werden. aber da ein – sehr gerne und gut kochender – freund ums eck vom kutschkermarkt wohnt: danke jedenfalls für den tipp!

    danke, loreley, du hast recht. und das ist auch der grund, warum ich derzeit viel über dieses thema nachdenke. abgesehen vom tierleid essen wir einfach viel zu viel davon. das gilt halt leider nicht nur für fleisch, sondern natürlich auch für milchprodukte.

    du überraschst mich immer wieder, claudio. ich hätte viel gedacht, aber nicht, dass du jahrelang (!) vegetarier warst. ich bringe das aus genuss-gründen (in diesem leben) eben nicht zusammen. da ich aber in der bio-branche mehr oder weniger aufgewachsen bin, war lebensmittelqualität von kind auf ein riesenthema bei uns.

    mir geht’s auch gar nicht um einen romantischen zugang (ich war als kind beim schlachten dabei), sondern um einen realistischen, keinen verzerrten und von der werbung völlig verniedlichten. das mit dem landwirten, das ist tatsächlich eine option für mich, irgendwann. ich hoffe, ich kann’s dann noch lernen. die kindheitserinnerungen werden nicht reichen. danke für das kompliment, dass du mir das zutraust!

    ich mache mir genau über die von dir im letzten absatz genannten themen schon seit vielen jahren gedanken. das lässt sich alles unter dem (leider oft falsch und gleichzeitig inflationär benutzten) begriff nachhaltigkeit subsumieren. (ich schreibe gerade eine dreiteilige serie zu diesem thema, deshalb brennt’s gerade wieder einmal so stark). bei der kleidung und beim strom beginne ich erst umzudenken, bei der kosmetik, den wasch- und reinigungsmitteln, dem bürobedarf habe ich schon lange meine (konsum)gewohnheiten umgestellt. und wenn ich an die flugreisen und das auto, das noch fährt, obwohl der zugehörige hund vor über einem jahr gestorben ist, denke: hm. ich lasse ja oft (meinem aktuellen gefühl nach eben zu oft) fünf gerade sein, schaue, dass die dinge im fliessen bleiben, dass es sich rund anfühlt und auf keinen fall krampft.

    aber gleichzeitig bin ich überzeugt davon, dass gerade beim thema tiere und essen einfach nichts schöngeredet werden darf. und du weisst, wie sehr ich über ein gutes steak vom grill, ein speckbrot oder arctic char ins schwärmen kommen kann… danke jedenfalls für deine gedanken dazu – die liebsten grüsse gehen retour ins nachbarland.

  11. Dass in Sachen Tierhaltung biologische Landwirtschaft die bessere Wahl ist, würde ich so pauschal nicht unterschreiben: Die (EU-)gesetzlichen Mindestanforderungen sind auch in diesem Bereich eher mager, von den Ausnahmeregelungen ganz zu schweigen: Da dürfen z.B. gerade die viel gelobten „Da kennt der Bauer noch jede Kuh beim Namen“-Kleinbetriebe weiterhin Anbindehaltung praktizieren, sofern die Kuh nur zweimal pro Woche ein bisserl an die frische Luft kommt. Kupieren oder Schnäbelstutzen ist zwar als Routineeingriff, aber keineswegs generell verboten, sondern erlaubt, wenns z.b. nur der Hygiene dienen soll – btw, das großartige österreichische Bundestierschutzgesetz erlaubt es nach wie vor, Nutztiere ohne Betäubung zu kupieren.

    Aber mensch muss gar nicht auf die Ausnahmen schauen. Stichwort Freiland-/Weide-Haltung: Mastgeflügel muss laut Bioverordnung nur ein Drittel seines Lebens auch Zugang zu Freiflächen haben. Bei einem Mindestschlachtalter von 81 Tagen hat also ein Brathenderl grad mal an 27 Tagen frische Luft schnappen dürfen; im Stall teilen sich aber immer noch 10 Hühner einen Quadratmeter (ja gut, mit Ausweichmöglichkeit nach oben, und draußen gibts im Rotationsverfahren immerhin satte 4 qm pro Huhn). Rindern ist der Zugang zu Weideflächen zu gewähren, „wann immer die Umstände dies gestatten“ – Pech für die Kuh, wenn die Umstände grad nicht passen. Im Stall muss sie mit 1 qm je 100 kg Lebendgewicht auskommen – 4 qm für eine 350-kg-Kuh; ach ja, Spalten- oder Gitterrostböden sind auch erlaubt, wenn sie nicht mehr als die Hälfte der Stallfläche ausmachen …

    Ja, schon klar, das sind Mindestanforderungen, und jedem Landwirt stehts frei, den Viechern bessere Bedingungen zu bieten. Manche Bioverbände haben auch strengere Kriterien für ihre Mitglieder. Aber wie soll der Konsument da durchschauen? Neben der EU-Verordnung auch noch die Vergabekriterien für zig Vereins-Biogütesiegel studieren? Wer macht das schon? Was am ehesten im Hinterkopf hängen bleibt, ist die Gleichung „Bio-Tier = glücklich, weil artgerecht gehalten“ – und die stimmt so einfach nicht. Auch wenns den Bio-Tieren zweifellos besser geht als den unglücklichen Kreaturen in der agrarindustriellen Massenquälerei. Andererseits gibts durchaus Klein- bzw Nebenerwerbsbetriebe, die sich das Gewirkse mit Siegeln gar nicht antun, wo’s den Tieren aber teilweise besser geht als manchen Artgenossen mit Biosiegel.

    Und wenn ich eine kleine Bitte äußern dürft: „Fleischproduktion“ ist fast so ein Euphemismus wie „Pelzernte“. Zwecks Bewusstseinsbildung wär „(Nutz-)Tierhaltung“ vielleicht der bessere Begriff, auch wenn er in Kombination mit „Schlachtung“ manch einem zu direkt klingen mag.

  12. Am Kutschkermarkt von der Schulgasse kommend links, eher Mitte.
    Vorher oder nachher, je nachdem von welcher Ecke er kommt soll er bei pöhl gleich Käse kaufen.

    @hedonistin: Stimmt natürlich alles was du sagst. Nur die industrielle Nutz-Tierhaltung (ich habe auch dazugelernt), besonders da, wo Schweine und Rinder in LKWs durch halb Europa geführt werden, da sollte das Fleisch eigentlich extra gekennzeichnet werden und das wird in Österreich verschwiegen. Wie ich erwähnte, wenn diese Tiere in den Schlachthof St. marx kommen und dort zerteilt werden, gelten sie als österr. Fleisch, weil das Produkt hier veredelt wurde. Das ist das Fleisch vom Hofer, das über eine rot-weiß-rote Fahne verfügt und jeder meint dann, das wäre gute. österr. Qualität.

    Grundsätzlich müssen wir uns auch bewusst sein, dass der Bauer nicht nur Tierhalter oder -züchter ist, sondern auch als Landschaftspfleger dient. Daher sollten wir Bauern und deren Arbeit entsprechend wertschätzen und nicht durch irgendwelche hirnverbrannten Siegeln ausgrenzen. Ein kleiner Bauer hält vielleicht noch ein zwei Viecher für den Eigenbedarf, züchtet aber nicht mehr für den Konsumenten, weil er einfach dafür nichts mehr bekommt. Und das ist eine sehr traurige Entwicklung.

  13. @Katha
    Das Problem ist halt: Nur weil Gemüse regional und saisonal ist, heißt das noch lange nicht, dass es deshalb „gesünder“ oder mit weniger Pestizid belastet ist. Wie oft hat man nicht schon davon gelesen, dass Gemüse aus Östereich bei Tests belasteter war als importiertes aus Spanien. Sicher, vom ökologischen Standpunkt her ist heimische Ware aufgrund ihrer geringen Transportwege immer zu bevorzugen, aber vom Gesundheitsgedanken her halt leider nicht. Nur wer Bio kauft hat halt die Garantie, wirklich schadstofffreich zu essen (obwohl, ab und zu wird ja selbst auch da was nachgewiesen). Aber wo kann man das schon? Speziell am Land bei uns unmöglich. Abgesehen davon, und das ist ein ganz anderes Thema: Wie soll man sich denn beim überhaupt Einkaufen verhalten? Lieber heimisches Nicht-Bio-Gemüse kaufen, das Saison hat, aber vielleicht belastet ist, oder dann doch lieber den Salat aus Italien, der dann halt sicher frei von Spritzmittel ist? Idealerweise kauft man Bio-Ware aus Österreich, nur ist diese halt leider nicht immer verfügbar. Schwer, schwer …

  14. Hallo,tja ein Drama mit dem Fleisch….aber Gott sei Dank es bewegt sich ja etwas.Das Sonnenschwein ist in Baden-Württemberg das Hällisch-Schwäbische Landschwein.Interessantes gibt es auf http://www.besh.de
    Liebe Grüße von mir
    Johannes Guggenberger

  15. deine kritik ist berechtigt, hedonistin, wenn ich sie auch in ihrer ausrichtung nicht teile. biosiegel sind absolut notwendig, anders ist es kaum möglich, sich im supermarktregal zurechtzufinden. wer hat in der grossstadt schon die möglichkeit, einen bauernhof ihres/seines vertrauens zu finden? und selbstverständlich sind die tierhaltungsbedingungen (von „fleischproduktion“ habe ich nichts geschrieben, und wenn, dann wäre es bewusst so formuliert, um den warencharakter, den nutztiere für uns eingenommen habe, hervorzustreichen) in der bio-landwirtschaft nicht nur de jure sondern auch de facto besser. dass nach oben hin noch sehr viel möglich ist, ist ja keine frage. und ich finde übergangsbestimmungen noch besser als gar keine, weil sich viele sonst überhaupt nicht überlegen, umzusteigen, sondern einfach bei den alten, gebilligten methoden bleiben. zum thema tierhaltung ist noch sehr viel mehr zu sagen. und ich hoffe, wir können hier auf esskultur.at noch oft darüber diskutieren.

    danke, ente, für die genaue wegbeschreibung. was die herkunft von fleisch/tierischen produkten betrifft: ja. es ist zum aus-der-haut-fahren, wenn man diese (erlaubten!) praktiken kennt. glücklich all jene, die direkt ab hof kaufen können. und dank all jenen, die sich das im kleinen stil noch antun.

    ja, chris, die täglichen entscheidungen beim einkauf. ich bevorzuge klar den italienischen bio-salat vor dem heimischen krauthappel ohne bio-siegel. die waren vielleicht sogar ähnlich lang unterwegs. aber wenn’s um lebensmittel vom anderen ende der welt geht, wird’s schwierig. beispiel bio-zitronen: die gibt’s im sommer z. b. nicht aus italien, sondern nur aus weit entfernten ländern wie südafrika. soll ich deshalb auf konventionelle ware ausweichen? würde ich nicht machen.

    super, guggi, dass du da so eine tolle quelle hast! das sonnenschwein ist eine kreuzung aus dem schwäbisch-hällischen und dem duroc, dürfte also nicht ganz gleich sein, aber vom prinzip her natürlich schon. habe gesehen, dass du auch damit kochst. glücklicher! das frische fleisch ist hier sehr schwer zu bekommen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Produkt zum Warenkorb hinzugefügt.
0 Artikel - 0,00