wenn ich ehrlich bin: ich meide vegane lokale wie der teufel das weihwasser. die gründe dafür kennen alle, die hier schon länger mitlesen, zumindest seit anfang des jahres. aber, heute ist tierfreitag:
genau anfang des jahres, während meines veganen selbstversuches, hat eine esskultur-leserin hier und auch auf facebook häufig sehr freundlich und verständnisvoll kommentiert. mit verständnisvoll meine ich: aus der sicht einer fast immer rein pflanzlich essenden für die sorgen einer geschmacksgetriebenen wie mir. von ihr kam auch der anstoß zur schokomousse auf basis von seidentofu. da war andrea vaz-könig gerade dabei, ihr „deli bluem“ fertig zu konzipieren und einzurichten.
seit einem monat hat es nun offen, das deli bluem, in ziemlich klasser, weil ruhiger und grüner lage am hamerlingplatz mitten im achten, dabei einen katzensprung von der josefstädter straße (bim-station albertgasse) entfernt. das deli bluem verhindert schwellenangst von leuten wie mir ganz einfach dadurch, dass nirgendwo das wort „vegan“ auftaucht (obwohl es das ist). und als ich mir am dienstag inkognito anschauen wollte, was es da so gibt und wie es schmeckt, stürmt die in echt noch viel freundlichere und fröhlichere andrea auf mich zu und begrüßt mich mit „katharina die große!“. (das mit inkognito hat sich in wien langsam erledigt. was im übrigen auch für drei vegane branchengrößen gilt, die zufällig am nebentisch saßen – wenn mich nicht alles täuscht: veganz-gründer jan bredack, bernds-welt-bäcker bernd hartner und muso-koroni-chefin jasmin schister.)
dass das buffet an ottolenghi erinnert, ist kein zufall. es gibt eher lauwarmes und kaltes, was zu den bevorstehenden monaten auch perfekt passt. viele salate, gemüse mit getreide kombiniert, farbenfroh und frei vom surrogatverdacht. sehr gut.
ausgesucht (und bezahlt) habe ich mir fenchel mit orangen (andrea, die ihre vergangenheit als bankerin nicht leugnen kann, hat sich blitzschnell an meinen kommentar vor wochen auf facebook erinnert und fast entschuldigend gemeint, jetzt wäre er noch geschmort anstatt roh, was ich bevorzugt hätte), linsensalat, melanzani mit granatapfel und das georgische fladenbrot, das eher an einen zu hell gebackenen, überdimensionierten waldviertler mohnzelten erinnert.
(hier mit z’rissenem zelten)
dieser georgische zelten aber, der ist ein wahres wunderding, eher elbenbrot und überhaupt ideale jause, weil in einem ziemlich leichten, überhaupt nicht kompakten germteig eine fülle aus linsen, spinat und gewürzen eingebacken ist, die es in summe sofort auf meine top-ten-liste der besten sandwiches schaffen würde – wäre es ein sandwich und nicht ein georgisches fladenbrot.
(links: beatrice kraus, rechts: inhaberin andrea vaz-könig)
ich könnte jetzt noch kritisch anmerken, dass ich den linsensalat deutlich kräftiger und vor allem mit mehr säure abschmecken würde (linsen saufen wie ein schwamm), dass der fenchel mehr orangen und mehr salz vertragen würde. aber: die melanzani waren so perfekt geröstet, der georgische zelten so eine wonne, die leute in dem deli so herzlich, dass das eigentlich nicht so wichtig ist. dass hier auch noch allerlei hintergedanken wie tcm eine rolle spielen: mag sein, und wenn es (dem essen und mir) gut tut, gerne. solange kein missionierungsverdacht aufkommt. und das tut er hier gewiss nicht.
als nachspeise gibt’s die besagte schokomousse mit orange. (außerdem allerlei cookies und brownies.)
und weil ich ja von den rein pflanzlichen kuchen eher nicht gar so überzeugt (freundlich formuliert) war, gibt mir ein andrea als kostprobe ein stück banana bread fürs frühstück mit. am nächsten tag getoastet und ziemlich erstaunt festgestellt: kann man essen. geruchlich und geschmacklich wirklich sehr anständig, von der textur wird’s mir am gaumen irgendwie zu batzig, obwohl es das überhaupt nicht ist.
fazit: hat wien längst gebraucht, darf noch viel kräftiger abschmecken, ist eine ideale anlaufstelle für alle, die wie ich keine lust auf zweifelhafte zwischenverpflegung (stichwort: herkunft der eier? milchprodukte von viechern aus welcher haltung?) haben, aber trotzdem nicht z’fleiß „gesund“ (körndl, karg, kiefernholzmöbel, künstlicher räucherstäbchenduft) essen möchten.
achtung, das deli bluem hat nur tagsüber (bis 19 uhr, sa/so bis 16 uhr) geöffnet! alles sachen gibt’s auch in schönen und durchdachten reinen kartonverpackungen zum mitnehmen.
Gerne gelesen… gerne mitgegegangen ins *deli bluem*
Schönes Wochendende…
Eine schöne Adresse, die merke ich mir für den nächsten Wien-Besuch beim Sohn bzw. gebe sie schon mal direkt an ihn weiter.
Gibt es keinen Wein dort oder hast du freiwillig Wasser zum Essen getrunken? ;-)
Schöner Bericht :-) und nun gibt es einen weiteren Punkt neben den Schönbrunner Zitrustagen, die mich etwas neidisch machen ;-) Schönes Wochenende. Herzlichst Nadja
Macht neugierig, der Bericht, da muß ich auch mal hinschauen! Und das Essen sieht sehr toll aus, besonders die Melanzani.
und irgendwann in echt, micha?
sehr gut, ti saluto ticino. ich trinke fast immer freiwillig (leitungs)wasser, es sei denn, ich muss an dem tag nix mehr arbeiten ;-)
auf die zitrustage wäre ich uns auch neidisch, naddi!
ist auch wirklich eine wohltuende ausnahme, gärtnerin.
Ja, wir drei (Jan + seiner reizenden Frau, Jasmin und ich) waren da! Und es war echt nett!
Nächstes Mal bitte einfach hallo sagen! :-)
Lieben Gruß,
Bernd
grade einen der besten kuchen seit langem dort gegessen: heidelbeergalette… zum reinlegen! und das georgische fladenbrot (mit kichererbsen und spinat diesmal), das ist ein traum!
ein bissi missioniert bin ich mir vorgekommen bei der diskussion um die milch in den kaffee (diskussion zur frage ob man man zu kuhmilch normale milch sagen darf), aber sonst insgesamt voll toll dort :)