kritik & kulinarisch: woche 46

selten sind sich die herren kollegen von standard, kurier und presse so einig gewesen wie beim freyenstein:

severin corti schreibt im rondo (standard) u. a.:

…Wenn in dieser Küche aber Meinrad Neunkirchner werkt, dann wird es zum Ereignis – ganz speziell wenn er so in Form ist wie derzeit. Der Mann, dessen Erscheinung wie ein Sinnbild für die Lust am guten Kochen und Essen wirkt, hat wieder eine Bühne. […] Denn Neunkirchner, dem im Vincent einst drei Hauben aufgesetzt wurden, ist einer der wenigen wirklich begnadeten Köche des Landes. Und: So unvermittelt wie in diesem kleinen Vorstadtwirtshaus hat er seine Kunst schon ewig nicht mehr ausgelebt. Neunkirchner kocht eine scheinbar einfach gestrickte Gasthausküche,…

florian holzer schreibt in der freizeit (kurier) u. a.:

…und engagierte mit Meinrad Neunkirchner einen der ganz großen Köche dieses Landes, um die Küche in Schwung zu bringen. […] Dazu muss man sagen, dass Neunkirchner der raren Koch-Spezies angehört, die einen sowohl mit kreativer Hochküche beeindrucken können, als auch Hausmannskost auf den Teller bringen, wie man sie zuvor noch nie hatte. Darüber hinaus gibt’s bei Kräutern, Marinaden und Essenzen auch keinen besseren als ihn. Im „Freyenstein“ legt er eine Gourmet-Beislküche vor, die einen jauchzen lässt,… […] Besser kann man um diesen Preis derzeit im Land nicht essen.

rainer nowak schreibt im schaufenster (presse) u. a.:

…Ja, fast alle Restaurantkritiker schreiben diesmal über das Freyenstein in Wien Gersthof. Nicht, weil wir gemeinsam essen gehen. Sondern, weil Meinrad Neunkirchner dort kocht. Eines der großen Talente, aber mit einem unsteten Arbeitgeber-Wandel. […] Natürlich darf man hier auch nur Schnitzel essen, die Frage nach echten Neunkirchner-Gerichten lohnt sich aber. Hoffentlich noch länger…

und auch auf speising freut man sich über das freyenstein – schon vor den medienberichten.

wer sagt’s denn.

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um kritik am anderen ende des kulinarischen spektrums geht es heute abend um 19 uhr im festsaal des wiener rathauses: der ehemalige un-sonderberichterstatter für das recht auf nahrung jean ziegler ist zu gast und spricht über das tägliche massaker des hungers. die interview-sequenzen mit ihm in we feed the world haben mich so beeindruckt, dass ich heute alles liegen und stehen lassen werde, um mir seinen vortrag anzuhören. sein buch das imperium der schandeir?t=esskulturat 21&l=as2&o=3&a=3442155134 habe ich noch immer nicht gelesen, ich gestehe. es lag bis gerade vorhin seit monaten auf einem der vielen bücherstapel. wahrscheinlich fange ich heute nacht noch damit an.

12 Gedanken zu „kritik & kulinarisch: woche 46“

  1. Ich finde es ja ein bisschen gemein, das Meinrad Neunkirchner aus meiner Nähe (Spillerner Gastwirtschaft, Weinviertel) weggezogen ist. Aber ich würd ihm ja auch in den 18. Bezirk nach Wien nachfahren, wenn sich jetzt dort das kulinarische Paradies befindet. Aber wenn alle Kritiker sich einig sind, kann man damit rechnen, dass es dort so zugeht, dass es nimmer wirklich lustig ist. Oder, was meinst du?

  2. sich hinstellen und das offensichtliche anprangern und im grunde doch nur den eigenen nabel im blick haben, halte ich für zynisch. ziegler ist in meinen augen ein funktionär seiner selbst, ich kaufe ihm seine empathie nicht ab..

  3. das offensichtliche mag aber kaum jemand anschauen. dass über das ungelöste problem hunger wieder mehr gesprochen wird, ist leuten wie ihm zu verdanken. natürlich operiert er populistisch, wenn er von „mord“ und „massaker“ spricht. aber mit seiner erfahrung wird er immerhin zu solchen diskussionsrunden (gestern club 2) eingeladen und gehört. ich mag das selbstgefällige urteilen über das engagement oder nicht-engagement anderer und deren motivation gar nicht. (und da nehme ich mich selbst nicht aus.) ich glaube auch, dass es oft als (vermeintliche) rechtfertigung dafür dient, selbst den hintern nicht hochzukriegen. typisch österreichisch, btw. faktum ist, dass jeden tag 100.000 menschen verhungern. da ist doch jeder mensch, der dafür sensibilisiert – und das im falle zieglers seit vielen jahren und in mehreren büchern (dass er die gerne verkaufen möchte, ist logisch) – ein wichtiges mosaiksteinchen, oder etwa nicht?

  4. die menschen sind durchaus sensibilisiert, in wirklichkeit aber kann ich das leid eines anderen nicht empfinden, ich kann nur mitfühlen. es wie im zen: sich in die stille setzen und meditieren, ist pseudo-zen, das eigentliche findet im alltag statt, wenn es lärmt. zieglers sendungsbewußtsein ist für mich pseudo-zen, es/er will unter dem vorwand des engagements menschen für seinen ureigenen trieb erreichen, die hungersnot dient dabei als vehikel. man kann die welt nicht retten, man/frau kann immer nur sein/ihr eigenes schild tragen.

  5. Na, das liest sich ja mal gut. Wir wollten über die Feiertage ein bisschen wegfahren, da werden wir wahrscheinlich keinen Tisch mehr bekommen, aber ich denke, im Februar lohnt sich ein Besuch in Wien auch noch, selbst wenn es nur zum Essen bei Herrn Neunkirchner ist. Aber Wien hat ja noch so viele andere Seiten, ich glaube, wir verschieben unseren Urlaub dann doch noch ein bissel.

  6. habe gerade meinen kommentar gelesen und festgestellt, dass der satz mit der stille und der meditation quatsch ist, da ist mir was verrutscht. ich meinte: den zustand des mit allem verbundenseins gilt es im größten lärm herzustellen, zuhause auf dem sitzkissen ist es [relativ] einfach.

    pseudo-zen ist mein lieblingsbegriff der woche, obwohl ich das blöde präfix nicht ausstehen kann, mhh..

  7. Ich finde es wird einfach noch zu wenig gemacht für Menschen die in Armut leben und Hungern müssen. Das dürft so in der Welt nicht mehr sein. Wir haben alles im „Überfluss“ und weinen ständig es geht uns so schlecht, aber es gibt noch welche denen geht es schlechter. Wir sollten doch alle die es sich leisten können ein Stück von unserem Kuchen abgeben. Denn auch ein kleines Stück macht „satt“.

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